Tänzerinnen und Tänzer choreographieren am Münchner Gärtnerplatztheater

Eine Feier der Kreativität

Der neunteilige Tanztheater-Abend „Sparks“ am Münchner Gärtnerplatztheater mit Choreographien der Tänzerinnen und Tänzer des Ensembles begeistert

Von Robert Jungwirth

(München, 18. Juli 2023) Eine Skulptur aus Menschen, ineinander verschlungen und verknotet, wälzt sich in ständig neuen Formationen über die Bühne. Dazu dröhnt eine Collage aus mechanischen Geräuschen aus den Lautsprechern. „Okkulte Praxis der Formen, die Verwandlungen hervorrufen – das Medium enthält die Botschaft“, erklärt der Choreograf Luca Seixas dazu im Programmheft. Douglas Evangelista lässt Tänzerinnen und Tänzer in „Human by Mistake“ mit weißen Masken und schwarzen Kostümen in einer streng geometrischen Tanzperformance auftreten, die zu vorwärtstreibenden Beats soviel Spannung und Energie aufbaut, dass die Zuschauer am Ende geradezu explosionsartig losjubeln. In „Waltz iii/iv“ paraphrasieren Alexander Quetell und Emily Yetta Wohl das Thema Walzer und verknüpfen es witzig ironisch mit einer Liebesgeschichte .

Drei Stücke aus dem neunteiligen neuen Ballettabend des Münchner Gärtnerplatztheaters mit dem Titel „Sparks“. So wie schon früher unter dem Vorgänger-Intendanten Ulrich Peters bot das Theater seinen Tänzerinnen und Tänzern wieder einmal die Möglichkeit, eigene Kreationen zu erarbeiten, alle ca. 10-15 Minuten lang. Und alle, wirklich alle waren sehenswert, manche auch hinreißend. Was sich hier an kreativem choreographischem Potential offenbarte, beeindruckte und begeisterte gleichermaßen und zeigte, das Kreativität und tolle Ideen auch jenseits bekannter Choreographen-Namen zu entdecken ist. Man muss ihnen nur ein Forum der Entfaltung bieten. Entsprechend hingerissen war das Publikum – zumal die tänzerischen Leistungen des Ensembles ebenfalls beeindruckten.

20 Stunden konnte an jedem Stück gearbeitet werden, das musste reichen. Man merkte in jedem der neun Stücke das große Engagement und Hingabe des Ensembles für die Kolleginnen und Kollegen, ohne die ein solcher Abend gar nicht möglich wäre. Auch das machte ihn zu etwas ganz Besonderen.

Yunju Lee, Luca Seixas Choreografie: Roberta Pisu © Marie-Laure Briane

Eine sehr suggestive Paraphrase von „stirb und werde“ bot Roberta Pisu mit ihrem Stück „The Rose of Sharon“. Eine Tänzerin steckt in einem Blätterkostüm wie ein Baum – in den der heftige Lebenssturm hineinfährt und an ihm rüttelt und ihn zerzaust. Der Kreislauf des Lebens in einer ans japanische Theater erinnernden Stilisierung, sehr gelungen.

Sehr virtuos bis akrobatisch agierten die Tänzerinnen und Tänzer in Willer Goncalves Rochas „Jibaro“, in dem es um eine Sirene und einen tauben Mann geht. Gesang und eigenartige Instrumente bilden dazu eine eigenwillige Musik-Collage. Wie überhaupt die verwendeten Musiken und Musik-Geräusch-Collagen zu den Stücken überaus kreativ und gelungen waren. Auch hier durfte man staunen, welch tolles kreatives Potential sich hier entfaltete. Gerne würde so etwas öfter sehen. Und vor allem sollte das Theater diesen Abend bald wieder ins Programm nehmen – und nicht erst in einem Jahr, wie geplant…

Zugleich hat das Theater an diesem Abend noch ein anderes Experiment gewagt: Unter dem Motto „Pay what you can!“ konnte man ohne zu bezahlen eine Eintrittskarte bekommen mit der Bitte, am Ende soviel zu bezahlen wie einem der Abend wert ist. Auch das ist eine schöne Idee, um ein niedrigschwelliges Angebot an wirklich alle Besucherinnen und Besucher zu machen. Und es wurde von einem recht jungem Publikum dankbar angenommen.

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