Semifinale Klaviertrio beim ARD-Musikwettbewerb in München

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Klang nach Hautcreme

Semifinale Klaviertrio beim 72. Internationalen Musikwettbewerb der ARD

Von Klaus Kalchschmid

(München, 7. September 2023) Das raffinierte Auftragswerk von Miroslav Srnka („Emojis, Likes and Ringtones“) aus dem Klaviertrio-Wettbewerb 2018 hat es bereits in die reguläre Repertoireliste für den zweiten Durchgang geschafft und wurde auch von „Trio Pantoum“, die es ins Semifinale schafften, sowie vom Trio Azura hervorragend gespielt. Vielleicht gelingt das auch dem diesjährigen zeitgenössischen Pflichtstück, das wieder den ganz direkten Vergleich aller sechs Ensembles ermöglichte.

Alle drei, die ins Finale kamen, waren auch da herausragend, exekutierten nicht nur den Notentext, sondern machten packende Musik aus „kaolin“ der Schwedin Malin Bång. Allen voran das „Amelio Trio“ aus Deutschland. Sie begannen mit dem Auftragswerk, in dem es kaum herkömmliche Spieltechniken gibt, sondern faszinierend vielfältig Gestoßenes, Gerissenes und Geräuschhaftes, mal mit größter Intensität, dann wieder sehr fein und sanft dargeboten, ganz dem Titel verpflichtet. Er bezeichnet eine Tonerde, die Porzellan und Keramik härtet, aber auch Hautcremes geschmeidiger macht. Philipp Kirchner am Flügel, die Geigerin Johanna Schubert und Merle Geißer (Cello) fanden mehr als alle anderen Trios an diesem Tag zu einem lebhaften, intensiven Miteinander, das eine spannende Geschichte erzählte und das herbe Stück geradezu schillern ließ. Auch Beethovens „Geistertrio“ besaß in jeder Phrase diese spannungsvolle Leuchtkraft und obwohl alle drei ihre individuelle Persönlichkeit zeigten, reagierten sie im Trio hellwach aufeinander und erzielten so eine elektrisierende Interpretation, bei der man in jeder Sekunde aufmerksam war.

Nicht minder aufregend und sehr vital viril spielten die drei Franzosen des „Trio Pantoum“ das op. 70/1, vielleicht eine Spur homogener, verbindlicher, herber. Und auch das Auftragswerk boten sie zwingend dar mit einer großen Variationsbreite in der Umsetzung der heiklen Spieltechniken. Gespannt darf man also sein, wenn sie im Finale als erste Franz Schuberts letztes Trio in Es-Dur D 929 spielen werden.

Ganz anders das „Trio Orelon“: Sie hatten sich als Einzige das frühe Trio in c-moll aus Beethovens op. 1 gewählt. Herrlich natürlich und musikantisch gelang schon der Kopfsatz, von feiner Schlichtheit und doch Vielfalt war der Variationensatz geprägt, geradezu überwältigend das „Prestissimo“-Finale! Judith Stapf trat mit ihrer Geige nie über Gebühr in den Vordergrund, sondern bildete mit dem sanften Cello von Arnau Rovira Bascompte stets ein fabelhaftes Duo, während Marco Sanna am Flügel goldrichtig die Akzente und Impulse setzte, dabei aber immer im Einklang mit den beiden Streicherinnen musizierte. Das sicherte auch dem „Trio Orleon“ den Einzug ins Finale.

Während die drei Japaner des „Trio Ex“ allzu üppig im Klang schwelgten, was ihre Instrumente noch betonten, und Beethovens Es-Dur-Trio op. 70/2 permanent mit Überdruck belasteten, spielte das tschechische „Trio Bohémo“ Beethovens op. 70/1 ebenso wie „kaolin“ mit großer Spannkraft und Klarheit. Leider mussten sie trotzdem ausscheiden wie auch das Arabesque Trio, das freilich durchweg allzu neutral und indifferent blieb.

Beim Finale Klaviertrio im Prinzregententheater am Samstag, 9. September (16 Uhr), das wieder als Video-Live-Stream (www.ard-musikwettbewerb.de) und on demand zu verfolgen ist, spielen alle drei Ensembles Hans Werner Henzes Kammersonate, dazu „Amelio Trio“ Franz Schuberts B-Dur-Trio D 898 sowie „Trio Pantoum“ und „Trio Orelon“ das Es-Dur-Trio D 929.

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