Eine Ausstellung in Salzburg ehrt die Theaterfotografin Ruth Walz

Teilnehmende Beobachterin

Der Theaterfotografin Ruth Walz ist in Salzburg eine Ausstellung gewidmet

Von Robert Jungwirth

(Salzburg, Juli 2023) „Die im Dunkeln sieht man nicht…“, heißt es in Brecht/Weills „Dreigroschenoper“. Es gibt viele an einer Theateraufführung Beteiligten, die im Dunkeln sind und die man sieht sie nicht. Theaterfotographen gehören zu dieser lemurenartigen Spezies. Niemand kennt sie, niemand sieht sie. Ja, es gehört nachgerade zu ihren vordringlichsten Aufgaben, sich quasi unsichtbar zu machen. Sich mit einem Tarnhelm den Schauspielerinnen und Schauspielern, Sängerinnen und Sängern anzunähern, ohne sie auch nur im mindesten irgendwie zu stören.

Ruth Walz ist eine der größten von ihnen. Seit vielen Jahrzehnten gehören ihre Bilder von Theater- und Opernproduktionen zum Besten, was es auf diesem Gebiet gibt. Davon können sich nun auch Besucher der Salzburger Ausstellung zu Ehren von Ruth Walz ein Bild machen. Das Museum der Moderne Salzburg widmet ihr im Rupertinum eine große retrospektive Ausstellung, die die Faszinationskraft, die von Walz‘ Fotographien ausgehen, mit Fotografien aus verschiedenen Jahrzehnten dokumentiert.

„Die besten Szenenfotos von Ruth Walz sind Landschaftsfotographien einer Aufführung. So wenig wie diese hängt nämlich das treffende Theaterfoto am effektvollen Augenblick – es verweigert sich grundsätzlich dem Schnappschuss“, sagt Botho Strauß, dessen Theaterstücke Walz oft an der Berliner Schaubühne fotografierte. Aber auch die Festspiele in Salzburg begleitete die Fotokünstlerin Jahrzehnte und dokumentierte mit ihren so oft zum Wesentlichen einer Aufführung vordringenden Szenenfotos Schätze der Theater- und Aufführungsgeschichte: Thomas Holtzmann als Brutus hochaufragend über der Menge eine Rede haltend in der Felsenreitschule oder Bruno Ganz als gefesselter Prometheus in Aischylos‘ Drama. Viele Bilder zeigen den Ausnahmeschauspieler Bruno Ganz – auch privaten Bildern. Walz war die Lebenspartnerin von Ganz.

Besonders interessant sind Gegenüberstellungen von verschiedenen Inszenierungen desselben Stücks, wie Bergs „Wozzeck“, einmal in klaustrophobischer Kargheit von Peter Stein ein andermal in dystopischem Expressionismus bei William Kentridge. Oder Bartoks Oper „Herzog Blaubarts Burg“ in den geheimnisvoll geometrisierten Lichträumen Robert Wilsons oder in der symbolisch-archaisierenden Bildsprache von Romeo Castellucci. Stets ist es der Blick fürs Wesentliche, der die Bilder von Walz so besonders macht, wobei das Wesentliche in dem Fall heißt, dass die gewählten Ausschnitte, Details, Stimmungen, Bewegungen, Gesten usw. immer auch das Ganze reflektieren und transportieren, einen Eindruck von der gesamten Aufführung vermitteln.

Wie Ruth Walz das schafft, ist ihr Geheimnis. Sie selbst sagt: „Für mich war es immer besonders wichtig, bei einer Inszenierung keine fremde Instanz zu sein, die nur ein Ergebnis festhält, sondern als teilnehmende Beobachterin den Entstehungsprozess von Beginn an mitzuverfolgen und auch mitzutragen.“

Ein Porträt von Ruth Walz, das sie selbst zeigt, sucht man in der Ausstellung übrigens vergeblich. Sie bleibt unsichtbar…

Vorhang auf! Theaterfotografie von Ruth Walz – bis zum 12. November 2023 im Rupertinum Salzburg

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