Anouar Brahem mit seinem Quartett zu Gast in München

Tiefenentspannt

Anouar Brahem mit seinem Quartett zu Gast in München

Von Robert Jungwirth

(München, 27. November 2023) Anouar Brahems Lautenspiel ist in der Welt der traditionellen arabischen Musik ebenso zu Hause wie im Idiom des Jazz. Man kann diese musikalische Einheit bei dem Oud-Virtuosen aus Tunesien hörenderweise gar nicht mehr trennen. Beides verschmilzt so eng miteinander, dass man als Zuhörer einfach nur staunend in diesen Klangkosmos eintaucht.

Dabei ist es schon 15 Jahre her, dass Brahem die Platte „The astounding eye of Rita“ zusammen mit seinen kongenialen Partnern Klaus Gesing (Bassklarinette und Sopransaxophon), Björn Meyer (Elektrobass) und Khaled Yassine (Rahmentrommel und Percussion) aufgenommen hat. Sie ist den Werken des palästinensischen Dichters Mahmoud Darwish gewidmet, deren Melancholie die Musik aufgreift und ausdrückt.

Auf der Bühne wirken die vier so Musiker vertraut miteinander und tiefenentspannt, wie man das in Konzerten nur selten erlebt. Meist präludiert einer der Musiker eine einleitende Passage, bevor die übrigen mit sanft wiegenden Rhythmen und patternhaften, reduktionistischen melodischen Strukturen einsteigen. Unweigerlich denkt man an einen gemächlichen Kamelritt durch die Wüste. Tatsächlich schaffen es die vier die Kontinuität von Zeit und Raum aufzulösen mit ihrem zwischen Meditation und Virtuosität hin und herpendelnden Spiel.

Einen „Meister der Entschleunigung“ hat man Brahem genannt. Das trifft es sehr gut. Schon bei den ersten Takten gerät man als Zuhörer in eine andere Welt und in eine andere Taktung. Ein Phänomen, dem man sich kaum entziehen kann. Und das scheint auch ein Grund dafür zu sein, dass das Münchner Konzert des Quartetts im Prinzregententheater restlos ausverkauft war.

Aus dieser Ruhe heraus entfalten die Musiker immer wieder virtuose Soli, die aber nie aus dem Rahmen fallen oder zur eitlen Selbstdarstellung geraten, sondern stets eingebunden sind in den Fluss der Musik. Am meisten beeindruckt dabei Klaus Giesing mit seiner Bassklarinette, die er in allen Registern so einschmeichelnd zu spielen versteht, dass man nur staunen kann. Aber auch die melodiös-virtuosen Basssoli von Björn Meyer sind faszinierend. Ein großartiger Auftritt, von den Fans mit standing ovations bedacht – auch wenn es nichts Neues war, was man zu hören bekam.

Viel Musik aus der Richtung Weltmusik/Jazz ist ja leider ohnehin in der Musikstadt München nicht mehr zu hören – im Gegensatz zu früher. Da zieht mittlerweile viel Spannendes an der Stadt vorbei. Dankenswerterweise hält der Konzertveranstalter Bell’Arte hier noch immer die Fahne hoch und bietet solche Konzerte an!

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