Martin Walkers 15. Périgord-Krimi ist lukullisch wie immer

Schnell noch ein Wildschwein marinieren

Martin Walkers Krimis sind auch Kochbücher – der 15. Fall trägt den Titel „Troubadour“ und es gibt ein neues Porträt-Büchlein über den kochenden Chef de Police

Von Robert Jungwirth

Ohne Bruno geht nichts. Ohne den rührigen und omnipräsenten Chef de Police des kleinen Städtchens Saint-Denis irgendwo im französischen Südwesten würden sich einige seiner Bewohner womöglich bald gegenseitig die Köpfe einschlagen. Nicht auszudenken wie viele Morde zu denen noch hinzukommen würden, die Bruno ohnedies aufzuklären hat, wäre er nicht stets vor Ort und verhinderte er nicht größere Katastrophen durch beherztes Einschreiten bei Zeiten.

Bruno ist der gute Geist von Saint-Denis. Er hilft beim Nachbarschaftsstreit ebenso wie bei der Ausrichtung des Tennis-Turniers, er trainiert in seiner Freizeit den Tennis-Nachwuchs und auch noch die Rugby-Mannschaft, resp. Frauschaft. Und er ist ein leidenschaftlicher Koch und Gastgeber, dem man als Leser beim Schwingen des Kochlöffels ebenso über die Schulter blicken kann wie beim Lösen kniffliger Fälle. So sind die Bruno-Krimis auch Kochbücher – noch mehr als bei Donna Leon, deren Comissario Brunetti zwar auch gutes Essen liebt, der aber nicht selbst in der Küche steht.

Bruno ist das factotum von Saint-Denis – frei nach Rossinis „Il Barbiere di Sevilla“. Fehlt nur noch, dass er ariensingend durch die Straßen läuft. Aber wir sind ja nicht in der Oper, sondern in einer Krimi-Serie des schottischen Schriftstellers Martin Walker. Der hat sich ungefähr so ins französische Périgord verliebt wie einst die Amerikanerin Donna Leon in Venedig. Und so wie Donna Leon lange Jahre in Venedig lebte ist Walker nach dem Ende seiner erfolgreichen Karriere als politischer Journalist in Washington in den Südwesten Frankreichs gezogen.

So liebevoll und positiv wie Walker über das Kleinstadtleben von Saint-Denis schreibt, tut das wahrscheinlich nur ein „Zugezogener“. Es hängt aber sicher auch damit zusammen, dass Martin Walker wie seine Figur Bruno ein Menschenfreund ist und diese Haltung als die einzig sinnvolle im Zusammenleben von Menschen betrachtet. Bruno verkörpert sie geradezu in Idealgestalt – manchmal beinahe schon etwas übertrieben. Aber wie angenehm Brunos Menschenfreundlichkeit ist, ermißt man, wenn man sich als Kontrast dazu einen x-beliebigen deutschen „Tatort“ ansieht mit seinen zwischen Isolation und Verwahrlosung pendelnden Kommissaren und Kommissarinnen. Während seine deutschen Kollegen schon mit einer Tiefkühlpizza überfordert sind, schafft es der unermüdliche Bruno spielend zwischen zwei Fällen noch schnell ein Wildschwein für eine Feier im Tennis-Verein zu marinieren, die Vorspeisen zuzubereiten, die Tische zu decken und und und.

Die Detailgenauigkeit, mit der Walker Bruno und dessen dörfliches Umfeld beschreibt, ist fast schon penibel zu nennen, und so geraten Walkers Krimis auch eher umfangreich – aber sie sind auch hervorragend recherchiert. Wie etwa sein 15. Fall mit dem Titel „Troubadour“, der eine bedrohliche Terrorismusgeschichte mit Einflussnahme sogar der Russen zum Thema hat (da macht sich natürlich der frühere politische Korrespondent Walker bemerkbar). In diesem Roman wird Bruno mit der Aufgabe betraut, das alljährliche Sommerfest in Saint-Denis zu organisieren. Die Gruppe „Les Troubadours“ soll auftreten, aber kurz vor dem Konzert wird eines ihrer Lieder von der spanischen Regierung auf den Index gesetzt, weil es für die Unabhängigkeit Kataloniens wirbt. Gleichzeitig wird in einem verlassenen Unfallauto eine großkalibrige Patrone wie von einem Scharfschützengewehr gefunden. Es braut sich Ungemach zusammen über dem kleinen Ort und seinem unschuldigen Sommerfest….

Da braucht es für Bruno zwischendurch schon ein paar ausgiebige Abendessen mit seinen Freunden zur Entspannung…Auch dem Leser kann bei dieser Folge angesichts des Staccatos der Ereignisse mitunter etwas die Puste ausgehen, während die Superman-Kräfte von Bruno immer noch zunehmen…

Der Diogenes Verlag hat für all jene, die einen Eindruck von Bruno bekommen möchten, ohne gleich einen ganzen Krimi zu lesen, auch noch ein hübsches, charmantes Büchlein mit signifikanten Begebenheiten rund um den menschenfreundlichen Commissaire herausgebracht – mit dem Titel „Bruno – Chef de cuisine“. Hier erleben wir Bruno ganz in seinem Element als everybody’s darling und begabter Kommunikator in seinem geliebten Saint-Denis, wo er stets zur Stelle ist, wenn es darum geht, eine vertrackte Situation zu entschärfen. Und selbst diejenigen Leser, die Bruno bereits kennen, werden Vergnügen finden, bei der Lektüre dieser kurzen, amüsanten Geschichten.

 

 

 

 

Werbung

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert