Die Separatvorstellungen von Ludwig II. in einer Ausstellung in München

Der König inszeniert mit

„In meiner Vorstellung“ – Die Welt der exklusiven Aufführungen von König Ludwig II. – Ausstellung im Deutschen Theatermuseum München

Von Robert Jungwirth

(München, 19. April 2023) Die erste Oper, die sich König Ludwig II. als Separatvorstellung vorführen ließ, war keine Wagner-Oper, sondern Verdis „Aida“. Das erstaunt dann doch, denn es ist ja hinlänglich bekannt, dass der Monarch einer der glühendsten Wagnerfans seiner Zeit war und dessen größter Förderer und dass es ohne Ludwig heute sehr wahrscheinlich ein paar Wagner-Opern weniger gäbe. Aber nicht nur für Wagners Werke begeisterte sich der Monarch, sondern auch für exotische Länder und deren Architektur; und das wurde ihm in der „Aida“ von Verdi geboten.

Ludwig II. war geradezu vernarrt in die Architektur des Orients und Indiens – neben seiner Leidenschaft für den französischen Barock mit Versailles als Gipfelpunkt. Bei Ludwig II. verschmolzen Theater- und Architekturbegeisterung und veranlassten ihn, bei der Gestaltung des Spielplans des Münchner Hoftheaters ein gehöriges Wort mitzureden, bis hin zu Anweisungen für Bühnenbilder und Kostüme sowie natürlich der Besetzungsliste.

Ludwig II. war nicht einfach nur ein passionierter Theaterbesucher, er war aufgrund seines kunsthistorischen Wissens und seiner Leidenschaft dafür ein profunder Kenner. So gab er seinem Hofbühnenbildner Angelo Quaglio immer wieder zum Teil sehr detaillierte Anweisungen, wie er bestimmte Szenen oder Stücke sehen wollte.
Die sogenannten Separatvorstellungen, ca. 200 an der Zahl, die tatsächlich nur für Ludwig allein gegeben wurden, fanden von 1872 bis zu seinem unglücklichen Ende 1886 statt. Manchmal durften noch ein paar Auserwählte mit in den Zuschauerraum im Cuvilliés-Theater oder in der Oper. Sie entsprangen dem Wunsch des Monarchen, ungestört von den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit sich ganz und gar dem Theater hingeben zu können, in es hineinzutauchen, um so der Wirklichkeit zu entfliehen. Denn nichts anderes war es für Ludwig als eine Flucht aus einer für ihn mit der Gründung des Deutschen Reichs zusehends unangenehmer werdenden Gegenwart. Letztlich lief der Kompetenzverlust durch die Reichsgründung auf eine Entmachtung als König von Bayern hinaus.

In der Welt des Theaters aber konnte Ludwig noch unumschränkt herrschen, ebenso wie bei seinen Bauprojekten – bis zu seiner Entmündigung. Dabei waren es keineswegs nur Opern, die sich Ludwig zeigen ließ, sondern noch viel mehr Schauspiele – mit Vorliebe solche, die die Zeit des französischen Absolutismus zum Thema hatten – eine Epoche, in die sich Ludwig neben der deutschen Sagenwelt besonders gerne hineinversetzte.

„Das Rheingold“ Bühnenbild-Modell von Angelo II Quaglio 1878 Foto: Deutsches Theatermuseum

Entsprechend genau und authentisch mussten die Inszenierungen auch sein, vor allem wenn höfisches Zeremoniell in den Stücken vorkam. Da hatte jede Bewegung zu stimmen und der Etikette zu entsprechen. Von der Detailliertheit von Ludwigs Vorstellungen für diese Separataufführungen wurde selbst die Ausstellungsmacherin Susanne de Ponte bei der Recherche für die Ausstellung des Deutschen Theatermuseums überrascht, wie sie bei der Eröffnung erzählte. Briefe von Ludwig an die Ausstattungsleiter oder Leiter der Bühnentechnik vermitteln einen Eindruck davon. Denn auch was technische Innovationen betrifft hatte Ludwig großes Interesse an den jeweils neuesten Möglichkeiten. Man könnte sogar sagen, Ludwig hat bei den Stücken selbst mitinszeniert.

Die Ausstellung im Deutschen Theatermuseum München gibt einen hervorragenden und vielseitigen Einblick in die Theaterwelt(en) Ludwig II. Und man erfährt viel Neues über seine Theater-Vorlieben, über Schauspielerinnen und Schauspieler, Sängerinnen und Sänger, über Werke und über die präferierten Ästhetiken. Interessant ist zum Beispiel, dass sich Ludwig mindestens so sehr für Schauspieler*innen wie für Sänger*innen begeisterte.

Für das Stück „Narziss“ von Albert Emil Brachvogel forderte Ludwig sogar jedes Jahr eine andere Besetzung, weil die Rolle der Madame Pompadour immer wieder von einer anderen Schauspielerin interpretiert werden sollte. Und dass der König mit dem Hofschauspieler Josef Kainz die Schweiz bereiste, um auf den Spuren von Schillers „Wilhelm Tell“ zu wandeln, wird natürlich ebenfalls in der Ausstellung thematisiert. Ergänzt wird die kleine, aber sehr gelungene und auch optisch überaus reizvoll gestaltete Ausstellung mit Bühnenbildmodellen, Fotografien, Dokumenten, Zeichnungen und Gemälden im Theatermuseum durch ein paar inszenierte „Schlaglichter“ in der benachbarten Residenz, wo das Team der „Münchner Schatzsuche“ nach Entsprechungen und Bezügen zu Ludwigs Bühnenvorlieben gesucht hat und diese in einer eigens kreierten Führung vorstellt.
Eine überaus gelungene und sehr sehenswerte Ausstellung, die bis Ende Juli zu sehen ist.

www.deutschestheatermuseum.de

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1 Antwort
  1. Christine Stegmüller
    Christine Stegmüller sagte:

    Vielen Dank für diesen schönen Artikel, der hätte König Ludwig II sicher gefallen, denn er war kein
    Verrückter, wie ihn seine Nachfolger und viele andere bis heute immer hinstellen wollten, sondern ein absolutes Genie und man tut diesem armen König damit so viel Unrecht !!!

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