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23 Suchergebnisse für: Sebastian Manz

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Sebastian Manz

Ein Klang aus dem Nichts

Sebastian Manz – 1. Preisträger beim ARD-Wettbewerb 2008 – im Porträt

(6. März 2010) Es war ein ganz besonderer Abend im Herkulessaal der Münchner Residenz. Gerade war im dritten und letzten Preisträgerkonzert des ARD-Wettbewerbs 2008 mit einer Schweigeminute des an diesem Tag gestorbenen Mauricio Kagel gedacht worden, da spielte Sebastian Manz den langsamen Satz des Mozart-Konzerts so überirdisch schön, zart und oft berückend leise auf seiner Bassett-Klarinette, dass mancher Zuhörer ihn als Trauermusik für den Komponisten empfinden mochte. Soviel Ernst und Tiefe neben enormer Leichtigkeit der Tongebung ließ eine große musikalische Reife spüren, die für einen 22-Jährigen schon eine kleine Sensation darstellte.

Sitzt man diesem junge Musiker anderthalb Jahre später im Café gegenüber, dann denkt man nach ein paar Minuten, jemand hätte ihm etwas in den Tee gerührt, so heiter, ja albern und jungenhaft redet er, aber auch so leidenschaftlich und kenntnisreich und tiefsinnig, beständig ein verschmitztes Lächeln um Augen und Mundwinkel. Gleich sein dritter Satz gilt der Rüge seines Lehrers, wenn er mal keinen so schönen, klaren, sondern nur einen eher mulmigen Ton zustandebrachte: "Du hast doch keine Muffinette". Und über die Ochsentour täglicher Dienste am Lübecker Theater: "Entweder hab ich da im Haus gewohnt – oder ich war unterwegs!" Eine Woche vor dem ARD-Wettbewerb hat er die Stelle als zweiter Soloklarinettist in dem Opernorchester angetreten und viel dabei erfahren: "Ich lernte Wagner und Strauss lieben, aber 30-40 Dienste im Monat schlauchen gewaltig. Und wenn’s mal nicht so gut lief, wusste man, jetzt noch ein paar Stunden ausharren – bei einem langen Stück! Verlieben, sich mal betrinken, leben? Fehlanzeige! Nach einem Jahr habe ich gekündigt, um mehr Zeit zu haben für alles Mögliche, für Kammermusik, für Aushilfen bei den Berliner Philharmonikern, dem NDR in Hamburg oder dem RSO in Stuttgart. Das sind drei Orchester, bei denen ich mich sehr wohl fühle, obwohl sie ganz unterschiedlich sind. Bei den Berlinern etwa ist jeder ein potentieller Konzertmeister, das ergibt einen faszinierenden, brillanten Klang."

Zwei Monate vor dem zwölften (!) und letzten Wettbewerb in drei Jahren, vor dem ARD-Wettbewerb, hat Sebastianz Manz tabula rasa gemacht. Das kam einem Befreiungsschlag gleich, hätte aber auch schiefgehen können: "Eine neue Klarinette musste her, ein neues Mundstück, neue Bahnen, neue Blätter, einfach alles neu!" Und der damals 22-Jährige handelte damit gegen eine eherne Regel der Klarinettisten, immer nur EINE Sache zu ändern. Doch er war auf der Suche nach seinem eigenen Klang: "Ich konnte wahnsinnig fein spielen, butterweich, damit war Alban Bergs op. 5 ein Traum. Aber ein gesundes Forte, das konnte ich nicht. Ich wollte lernen, etwas krasser zu spielen – in Dynamik und in der ganzen Art und Weise – als meine Lehrerin Sabine Meyer."

Manz kommt ins Schwärmen über Möglichkeiten und Notwendigkeiten des Klarinette-Spielens: "Bei Brahms braucht man einen etwas weicheren Ton, bei Weber einen etwas strahlenderen. Man muss modulieren können, ja geradezu zaubern, etwa bei Mozart. Über den langen Bögen darf man nie die Details vergessen. Und die Klarinette ist ja das einzige Holzblasinstrument ohne natürliches Vibrato. Deshalb passt sie auch zum Klavier so gut, weil sich die Klangfarben perfekt mischen. Bei verklingenden Akkorden weiß man gar nicht, welches Instrument gerade spielt, wenn man sich denn gut ‚einbettet‘! Wir können aus dem Nichts kommen und verschwinden darin. Darum beneiden uns auch die Oboisten unbändig! 200.000 Multiphonics, also mehrstimmige Spaltklänge, kann man auf der Klarinette erzeugen. Das heißt, je nachdem wie man spielt, ob man die Löcher ganz oder halb abdeckt, wie man ‚überbläst‘, klingen alle möglichen Obertöne mit. Das ist etwas dem Zufall unterworfen, aber es entstehen tolle Akkorde. In Vito Zurajs Saxophonkonzert, dessen Version für Klarinette ich letztes Jahr in Saarbrücken uraufführte, werden diese Klänge ausgiebig gefordert."
 
Fixstern im Leben eines jeden Klarinettisten ist sicher das Konzert des späten Mozart, gerade hat Manz es wieder in Salzburg gespielt, und gastiert damit am 10. und 11. in München. Aber besonders fasziniert ist er vom Konzert des Dänen Carl Nielsen, womit er im Finale alle Konkurrenten ausstach und Jury wie Publikum des ARD-Wettbewerbs überwältigte. Denn er spielte es mit unglaublicher Farbigkeit und Mut zu manchmal häßlichen, scharfen Tönen, wie vom Komponisten vorgesehen. "Ich finde dieses Konzert so interessant, dass ich mich sogar entschlossen habe, darüber meine Diplomarbeit zu schreiben – im Fach Musikpädagogik! Über dieses Konzert, das für einen schizophrenen Klarinettisten geschrieben ist, lässt sich noch eine Menge herausfinden. Der Spieler muss ständig total umschalten: Mal soll alles sehr schön und ‚dolce‘ sein, dann wieder hat man fast wirre Läufe und es muß laut klingen wie eine quietschende Eisenbahn. Da ist geradezu die Industrialisierung vertont. Aber immer nimmt alles Bezug aufeinander. Das genau zu erforschen, macht großen Spaß."

Neugier ist ein wichtiger Charakterzug von Sebastian Manz. Deshalb bedauert er sehr, dass man auf der Klarinette, einem Instrument, das sich erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durchsetzte, keine Alte Musik spielen kann: "Mit dem Pianisten Martin Klett, der auch mein Partner für eine CD sein wird, habe ich daher die G-Dur- Geige Sonate von Bach für Klarinette eingerichtet." Umgekehrt interessiert er sich brennend für Experimente mit dem Klang der Klarinette am Computer ("Da habe ich meine eigene One-Man-Band im PC") und ist gerade dabei, sich ein kleines Studio an seinem Wohnort Lübeck einzurichten. Man musste ihn nicht lange bitten, als "Präludium" vor den beiden Münchner Konzerten im März ein zeitgenössisches Stück zu spielen. Ausgesucht hat er dafür die Solo-Sonate des Rumänen Tiberiu Olah aus dem Jahr 1963: "Zwei Charaktere kämpfen da gegeneinander, fallen sich ständig ins Wort. Einer ist furios und schnell, klingt hoch und schrill, der andere ist sehr lyrisch, ’singt‘ langsam und leise. Alles steht in einem 7/8 oder 5/8-Takt, kann also so richtig ‚grooven‘. Am Ende der sieben Minuten findet eine Verschmelzung statt – in einem virtus brodelnden Chaos."

Klaus Kalchschmid

Termine:
München 10. März (Herkulessaal, 19.30 Uhr)
München 11. März (Prinzregententheater, 19.30 Uhr): Tiberiu Olahs Sonate für Klarinette solo und Mozarts Klarinettenkonzert mit den Münchner Symphonikern unter Georg Schmöhe.
Pullach 12. März (Bürgerhaus, 20 Uhr): Die Klarinettenquintette von Mozart und Brahms mit dem Gemeaux Quartett.
München 26. Juni (Brunnenhof der Residenz, 20 Uhr): Mozarts Klarinettenkonzert (Münchner Symphoniker/Enrico Delamboye)

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Marc Bouchkov erhält Förderpreis des Rheingau Musik Festivals für

Der LOTTO-Förderpreis des Rheingau Musik Festivals geht in diesem Jahr an den belgischen Geiger Marc Bouchkov. Der von der hessischen Lotteriegesellschaft seit 2009 jährlich gestiftete Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und wird jährlich an ein außergewöhnliches junges Nachwuchstalent des Rheingau Musik Festivals verliehen. „Wer bereits an der Spitze steht, wird in der Regel mit Auszeichnungen überhäuft. LOTTO Hessen aber möchte ausdrücklich besondere Talente auszeichnen, um ihnen den Weg nach oben zu erleichtern“, beschreibt Heinz-Georg Sundermann, Geschäftsführer von LOTTO Hessen, die Intention des Preises.
Die Jury des LOTTO-Förderpreises setzt sich zusammen aus Christoph Eschenbach, derzeit Generalmusikdirektor des National Symphony Orchestra sowie Generalmusikdirektor des John F. Kennedy Center for the Performing Arts in Washington D.C., dem Intendanten und Geschäftsführer des Rheingau Musik Festival, Michael Herrmann, Dr. Heinz-Georg Sundermann von LOTTO Hessen und den Programmmitarbeitern des Rheingau Musik Festivals.
Ihre Wahl des Preisträgers begründen sie wie folgt: „Hört man Marc Bouchkov eines der großen romantischen Violinkonzerte spielen, fühlt man sich an die „goldene Zeit“ der Violinvirtuosen erinnert, an die Tradition eines Jascha Heifetz, Leonid Kogan oder David Oistrach. Es ist dieser verführende Klangsinn, jenes „Espressivo“, das – verbunden mit einer makellosen Technik – den jungen Geiger Marc Bouchkov auszeichnet. Und gleichzeitig ist er eine „moderne“, vielseitige und individuelle Künstlerpersönlichkeit. Informiert über die Erkenntnisse der historischen Aufführungspraxis interpretiert er „seinen“ Bach und findet starke Ausdrucksformen auch beim Komponieren. Musikalisches Miteinander ist für ihn selbstverständlich und künstlerisch lebensnotwendig – die Kammermusik nimmt in seinem Leben eine wichtige Position ein. Die Kronberg Academy fühlt sich ihrem Jungen Solisten Marc Bouchkov eng verbunden und freut sich mit ihm über die Auszeichnung.“
Marc Bouchkov wurde 1991 in eine Musikerfamilie geboren. Von seinem Großvater Mattis Vaitsner erhielt er den ersten Unterricht im Alter von fünf Jahren. Bereits ein Jahr später folgte der erste öffentliche Auftritt. Ab 2001 wurde er am Lyoner Konservatorium in der Klasse von Claire Bernard unterrichtet, 2007 wechselte er nach Paris an das Conservatoire national supérieur musique et danse zu Boris Garlitzky, der ihm fortan als Mentor zur Seite steht und ihm hilfreiche Impulse für seinen künstlerischen Feinschliff gibt. Es folgten mehrfache Teilnahmen an Meisterkursen und Einladungen zu Festivals, u. a. nach Moulin d‘Ande, Troyes, Bordeaux, Montpellier, Viterbo und New Hampshire. Marc Bouchkov ist Stipendiat der Villa Musica Rheinland-Pfalz und trat bei „Les Musicales de Colmar“ kammermusikalisch in Erscheinung. Marc Bouchkovs Weg ist gesäumt von zahlreichen renommierten internationalen Preisen und Auszeichnungen. So gewann er Erste Preise beim „Concours International pour Violon Henri Koch“ und 2010 bei der „European Young Concert Artists Audition“ in Leipzig. Außerdem erhielt er im selben Jahr den Preis mit besonderer Erwähnung von der Jury des CNSM in Paris, 2011 gefolgt vom großen „Ebel-Preis“. 2012 wurde er Finalist und Preisträger beim renommierten „Concours Reine Elisabeth“ in Brüssel und schließlich gewann er 2013 den Ersten Preis bei der „Montreal International Musical Competition” und wurde zum Preisträger der Stiftung Juventus von Georges Gara ernannt.
Marc Bouchkov ist nach dem Klarinettisten Sebastian Manz, der Geigerin Leticia Moreno, den Pianisten Denis Kozhukhin und Christopher Park, dem Geiger Iskandar Widjaja, dem Pianisten Vestard Shimkus und dem Cellisten Pablo Ferrández der achte Preisträger, der von der hessischen Lotteriegesellschaft ausgezeichnet wird. Der LOTTO-Förderpreis des Rheingau Musik Festivals wird jährlich im Rahmen des Rheingau Musik Festivals vergeben und ist mit einem Preisgeld von 15.000 Euro dotiert – eine ausreichende Summe, um beispielsweise die Produktion einer Debüt-CD in die Wege zu leiten oder eine eigene Homepage für den jungen Musiker gestalten zu lassen. LOTTO Hessen ist seit 2005 Hauptsponsor des Festivals. Die finanzielle Unterstützung des Rheingau Musik Festivals durch die hessische Lotteriegesellschaft ermöglicht auch die Abgabe vergünstigter Tickets an sozial schwächere Gruppen.
Die Preisverleihung findet am 26. Juli 2016 im Rahmen des Preisträgerkonzerts auf Schloss Johannisberg statt.
Karten unter: 06723 / 60 21 70 oder www.rheingau-musik-festival.de
3-3-2016

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Der ARD-Musikwettbewerb startet Ende August

Zum 64. Mal treffen sich vom 31. August bis zum 18. September 2015 Nachwuchskünstler aus allen Teilen der Welt zum Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München. In diesem Jahr wird er in den Fächern Posaune, Flöte, Gesang und Klavierduo ausgetragen. Insgesamt gab es 625 Bewerbungen aus 56 Ländern und fünf Kontinenten, davon wurden nach der anonymen Wertung eingesandter Tonträger durch eine Vorjury 232 Kandidaten nach München eingeladen. 
Den Auftakt macht am Montag, 31. August im BR-Funkhaus die Kategorie Posaune. Die Posaunistinnen und Posaunisten nehmen erst zum sechsten Mal in der Geschichte des Wettbewerbs teil. Insbesondere für Bläser bedeutet der ARD-Musikwettbewerb die seltene Möglichkeit, sich einmal solistisch zu präsentieren. Im beliebten Fach Gesang hingegen werden in diesem Jahr bereits zum 38. Mal die besten Nachwuchskünstler gesucht.
Zu Ende geht der Wettbewerb mit den Preisträgerkonzerten am Mittwoch, 16., Donnerstag, 17. und Freitag, 18. September im Prinzregententheater und im Herkulessaal der Residenz. Die Musiker werden ab den Semifinalen von drei renommierten Orchestern begleitet: dem Münchner Rundfunkorchester, dem Münchener Kammerorchester und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.  
Preisgelder und Konzerteinladungen
An Preisgeldern stehen dieses Jahr insgesamt mehr als 125.000 Euro zur Verfügung, bestehend aus den Hauptpreisen der ARD und den Sonderpreisen, vergeben durch Stiftungen und Institutionen. Der Wettbewerb gibt den Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit, sich vor großem Publikum zu präsentieren und in Kontakt mit Veranstaltern, Agenten und Plattenfirmen zu kommen. Daraus ergeben sich zahlreiche Einladungen zu Konzerten und Festivals.
Der Wettbewerb in den Medien
Die ARD-Landesrundfunkanstalten berichten umfassend in Hörfunk, Fernsehen und online. BR-KLASSIK informiert mehrfach täglich mit zusammenfassenden Reportagen und mit Sondersendungen. Die drei Preisträgerkonzerte am Mittwoch, 16., Donnerstag, 17. und Freitag, 18. September werden von BR-KLASSIK live übertragen, das Preisträgerkonzert vom 18. September ist auch in sechs weiteren Kulturwellen der ARD-Landesrundfunkanstalten live zu hören. Das Bayerische Fernsehen zeichnet das Konzert auf und sendet es am Donnerstag, 24. September um 23.25 Uhr. Hinter die Kulissen blickt die Doku „Die Tonangeber – Beobachtungen beim 64. ARD-Musikwettbewerb“am Samstag, 19. September, um 19.30 Uhr in 3sat sowie am Donnerstag, 24. September, um 00.55 Uhr im Bayerischen Fernsehen. Zusätzlich wird die Sendung „Traumstart: Preisträger des ARD-Musikwettbewerbs blicken zurück“ am Donnerstag, 17. September 2015 um 23.25 Uhr im Bayerischen Fernsehen gesendet.
Ab dem Semifinale werden alle Schlussrunden sowie die Preisträgerkonzerte auf br-klassik.de und ard-musikwettbewerb.de als Video-Livestream übertragen.
Talentschmiede seit 1952
Vor 63 Jahren hatte der ARD-Musikwettbewerb seine Premiere in München, wo ihn bis heute der Bayerische Rundfunk ausrichtet. Er gilt als der größte und in seiner musikalischen Vielfalt einzigartige Wettbewerb für klassische Musik weltweit, da er jährlich in mehreren Fächern stattfindet und insgesamt 21 Wettbewerbskategorien umfasst.
Für viele Künstler war München das Sprungbrett zur internationalen Karriere. So finden sich unter den Preisträgern Jessye Norman, Thomas Quasthoff, Robert Holl, Anne Sofie von Otter, Maurice André, Sol Gabetta, das Tokyo String Quartet, Christoph Eschenbach, Mitsuko Uchida, Yuri Bashmet, Heinz Holliger, François Leleux, das Quatuor Ebène, Sebastian Manz, Julian Steckel, Alexej Gorlatch und viele andere.
Weitere Informationen unter www.ard-musikwettbewerb.de

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Auftakt zum 63. Internationalen Musikwettbewerb der ARD

Am Montag, 1. September 2014 beginnt mit dem ersten Durchgang in der Kategorie Schlagzeug in München der 63. Internationale Musikwettbewerb der ARD. Beworben hatten sich in diesem Jahr 519 Musikerinnen und Musiker sowie Ensembles aus 50 Ländern und fünf Kontinenten, so viele wie noch nie in der Geschichte des Wettbewerbs. Zugelassen sind in diesem Jahr 312 junge Instrumentalistinnen und Instrumentalisten, die in diesem Jahr in den Kategorien Klavier, Violoncello, Schlagzeug und Bläserquintett antreten.
Der Anteil der ausländischen Teilnehmer beträgt 82 Prozent. An der Spitze steht Südkorea, gefolgt von Deutschland, Frankreich, Japan, Russland, Spanien, USA, Polen und China.
International besetzte siebenköpfige Jurys nehmen die Bewertungen vor. Zu den Hauptpreisen kommen die wichtigen Publikumspreise hinzu, die in jeder Finalrunde ermittelt werden. Außerdem erhöhen die zahlreichen weiteren Sonderpreise, vergeben durch Stiftungen und Institutionen, die Attraktivität des Wettbewerbs. Insgesamt werden in diesem Jahr Preisgelder in Höhe von über 170.000 € vergeben.
KlassikInfo wird wie in den vergangenen Jahren über den Verlauf des Wettbewerbs in einer eigenen Serie berichten.
Der 63. Internationale Musikwettbewerb der ARD geht mit den drei Preisträgerkonzerten am Mittwoch, 17., Donnerstag, 18. und Freitag, 19. September zu Ende. Die ausgezeichneten Musikerinnen und Musiker präsentieren sich mit dem Münchener Kammerorchester und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Prinzregententheater und im Herkulessaal der Residenz einem großen Publikum.
Alle Runden des Wettbewerbs sind für Publikum frei zugänglich und bis zum Semifinale kostenlos.
Ab dem Semifinale werden alle Schlussrunden sowie die Preisträgerkonzerte als Video-Livestream übertragen (www.ard-musikwettbewerb.de), das Preisträgerkonzert am 19. September auch auf www.br-klassik.de. Die Preisträgerkonzerte am 17., 18. und 19. September werden ab 20.05 Uhr live in BR-KLASSIK und in den anderen ARD-Kulturwellen live oder zeitversetzt gesendet. Das Bayerische Fernsehen sendet das Konzert vom 19. September am Donnerstag, 25. September um 23.10 Uhr . Davor gibt es eine Dokumentation über den diesjährigen Wettbewerb, „Der Grand Prix der Klassik“, um 22.30 Uhr (auf 3sat bereits am Sonntag, 21. September um 12.30 Uhr).
Karrieresprungbrett
Vor 62 Jahren hatte der ARD-Musikwettbewerb seine Premiere in München, wo ihn bis heute der Bayerische Rundfunk ausrichtet. Er gilt als der größte Wettbewerb für klassische Musik weltweit, da er jährlich in mehreren Fächern stattfindet und insgesamt 20 Wettbewerbskategorien umfasst. Für viele Künstler war München das Sprungbrett zur internationalen Karriere. So finden sich unter den Preisträgern Jessye Norman, Thomas Quasthoff, Robert Holl, Anne Sofie von Otter, Maurice André, Sol Gabetta, das Tokyo String Quartet, Christoph Eschenbach, Yuri Bashmet, Heinz Holliger, François Leleux, das Quatuor Ebène, Sebastian Manz, Alexej Gorlatch und viele andere.
Alle Fakten zum Wettbewerb, Videos und Audios, den Zeitplan und Ergebnisse gibt es, laufend aktualisiert, unter

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Vestard Shimkus erhält den Lotto-Förderpreis des Rheingau Musik Festivals 2014

Der Pianist Vestard Shimkus erhält den diesjährigen Lotto-Förderpreis des Rheingau Musik Festivals. Der 1984 in Lettland geborene Musiker ist nach dem Klarinettisten Sebastian Manz, der spanischen Geigerin Leticia Moreno, dem russischen Pianisten Denis Kozhukhin, dem deutschen Pianisten Christopher Park und dem deutschen Geiger Iskandar Widjaja der sechste Preisträger dieses von der hessischen Lotteriegesellschaft seit 2009 gestifteteten Preises. Er ist mit 15.000 Euro dotiert und wird jährlich an ein außergewöhnliches junges Nachwuchstalent des Rheingau Musik Festivals verliehen. Die Preisverleihung wird am 20. August 2014 im Rahmen des Preisträgerkonzerts auf Schloss Johannisberg stattfinden. In der Jury-Begründung heißt es: »Vestard Shimkus ist mehr als eine außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeit: er ist wahrlich ein Phänomen. Der junge, lettische Allroundkünstler ist nicht nur ein brillanter Pianist von beeindruckender Souveränität und musikalischer Ausdrucksstärke, sondern auch ein aufstrebender Komponist, der in seinen Werken unterschiedlichste Musikstile einfließen lässt und damit eine höchst spannende musikalische Architektur erzeugt. Zudem ist er ein begnadeter Improvisationskünstler, der bei seinen selten zu hörenden Kostproben Fachpresse und Publikum gleichermaßen in Begeisterungsstürme versetzt.«
27-5-2014

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ARD-Musikwettbewerb startet am 2. September in München

Am 2. September beginnt in München der 62. Internationale Musikwettbewerb der ARD. In diesem Jahr findet er für Violine, Viola, Fagott und Klaviertrio statt. 371 Instrumentalistinnen und Instrumentalisten sowie Ensembles aus 48 Ländern und vier Kontinenten haben sich beworben, davon wurden 222 Musiker nach der Bewertung durch die Vorjury nach München eingeladen.
 
Den Anfang machen die Fagottisten am 2. September den Auftakt im Carl-Orff Saal des Gasteigs, gefolgt von den Bratschisten (4. September) und den Violinisten (5. September), die in Studio 1 und Studio 2 des Bayerischen Rundfunks die beiden ersten Durchgänge bestreiten werden. Die Klaviertrios starten am 5. September im großen Saal der Hochschule für Musik und Theater in der Arcisstraße. 26 Trios nehmen teil. Groß ist auch die Zahl der Kandidaten im Fach Fagott mit insgesamt 50 Teilnehmern. Weiter treten 40 Geiger und 54 Bratschisten an.
An der Spitze der Teilnehmerländer für den gesamten Wettbewerb stehen die Länder Südkorea, Japan, Deutschland, Frankreich und Russland, gefolgt von China, USA, Polen, Spanien, Italien und Großbritannien.
 
International besetzte siebenköpfige Jurys nehmen die Bewertungen vor, darunter der Geiger Dmitry Sitkovetsky, die Bratscher Jürgen Kussmaul und Nils Mönkemeyer und der Pianist Menahem Pressler. Für jede Kategorie wurden eigens Kompositionsaufträge vergeben, Ulrich Leyendecker für Violine, Tigran Mansurian für Viola, Evis Sammoutis für Fagott und Fazil Say für Klaviertrio. Insgesamt werden beim diesjährigen Wettbewerb Preisgelder in Höhe von über 173.000 € vergeben. Zu den Hauptpreisen kommen Publikumspreise und Sonderpreise von Stiftungen und Institutionen hinzu. Neu ist beim diesjährigen Wettbewerb, dass BR-KLASSIK erstmalig einen Preis für den Finalisten vergibt, der via Onlinevoting die höchste Klickrate erreicht.

Am Schluss des Wettbewerbs stehen wie immer die Orchesterrunden und die Preisträgerkonzerte mit den Klangkörpern des Bayerischen Rundfunks sowie dem Münchner Kammerorchester am 18., 19. und 20. September im Prinzregententheater und im Herkulessaal der Residenz.
Wie im vergangenen Jahr werden ab dem Semifinale alle Schlussrunden für das weltweite Publikum gestreamt und können im Internet (www.ard-musikwettbewerb.de) live mitverfolgt werden. Der Wettbewerb ist öffentlich zugänglich, der Eintritt für die ersten und zweiten Runden ist frei. Für alle anderen Durchgänge sowie die Preisträgerkonzerte sind Karten beim BR erhältlich: www.br-ticket.de oder 5900 10880

Vor 61 Jahren hatte der ARD-Musikwettbewerb seine Premiere in München, wo ihn bis heute der Bayerische Rundfunk ausrichtet. Er gilt als der größte Wettbewerb für klassische Musik weltweit, da er jährlich in mehreren Fächern stattfindet und insgesamt 20 Wettbewerbskategorien umfasst. Für viele Künstler war München das Sprungbrett zur internationalen Karriere. So finden sich unter den Preisträgern Jessye Norman, Thomas Quasthoff, Robert Holl, Anne Sofie von Otter, Maurice André, Sol Gabetta, das Tokyo String Quartet, Christoph Eschenbach, Yuri Bashmet, Heinz Holliger, François Leleux, das Quatuor Ebène, Sebastian Manz oder Alexej Gorlatch.

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Bewerber-Rekord beim ARD Musikwettbewerb

Für den 61. Internationalen Musikwettbewerb der ARD vom 6.-21. September haben sich insgesamt 480 Musikerinnen und Musiker aus 60 Ländern und fünf Kontinenten angemeldet. 230 wurden schließlich nach München eingeladen. Ausgeschrieben sind in diesem Jahr die Kategorien Klarinette, Gesang und Streichquartett.
Den Anfang machen am 06. September die Klarinettisten im Carl-Orff-Saal im Gasteig. 269 junge Musikerinnen und Musiker hatten sich dafür beworben, so viel wie noch nie in der Geschichte des ARD-Musikwettbewerbs. Ausgewählt wurden 37 Kandidaten. Dem folgen mit 191 Bewerbungen die Sängerinnen und Sänger, von denen am 7. September 129 Kandidatinnen und Kandidaten im großen Konzertsaal der Musikhochschule München an den Start gehen. Am selben Tag beginnt im Studio 1 des Bayerischen Rundfunks auch der Wettbewerb für die Streichquartette, von denen 16  nach München eingeladen wurden.

Die international besetzten Jurys – mit jeweils sieben renommierten Vertretern ihres Faches – nehmen die Bewertungen für die Hauptpreise der ARD vor. Zusätzlich wird in jeder Finalrunde dem Publikum die Möglichkeit gegeben, den mit 1.500 Euro dotieren Publikumspreis zu vergeben. Zahlreiche attraktive Sonderpreise warten zusätzlich auf die Kandidaten, die in den Schlussrunden und bei den Preisträgerkonzerten von drei namhaften Münchner Orchestern begleitet werden: dem Münchner Rundfunkorchester, dem Münchener Kammerorchester und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Insgesamt werden beim diesjährigen Wettbewerb Preisgelder in Höhe von 178.000 Euro vergeben. Die Organisatoren rechnen mit 20.000 Besuchern für alle Runden und die abschließenden Preisträgerkonzerte. Der Besuch ist bis zu den Preisträgerkonzerte kostenlos.
Der Wettbewerb kündigt für dieses Jahr zum ersten Mal auch das Streaming der Semifinale und Finale an, damit die spannendsten Runden im Internet weltweit mitverfolgt werden können.

Vor 60 Jahren hatte der ARD-Musikwettbewerb seine Premiere in München, wo ihn bis heute der Bayerische Rundfunk ausrichtet. Er gilt als der größte Wettbewerb für klassische Musik weltweit, da er jährlich in drei bis vier verschiedenen Fächern stattfindet und insgesamt 20 Wettbewerbskategorien umfasst. Für viele Künstler war München das Sprungbrett zur internationalen Karriere. So finden sich unter den Preisträgern z.B. Jessye Norman, Thomas Quasthoff, Robert Holl, Anne Sofie von Otter, Maurice André, Sol Gabetta, das Tokyo String Quartet, Christoph Eschenbach, Yuri Bashmet, Heinz Holliger, François Leleux, das Quatuor Ebène, Sebastian Manz, und Alexej Gorlatch.

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Mozart/Beethoven Quintette

Glenn Gould Herbert Schuch: Doppel Quintett

Der Pianist Herbert Schuch, der Oboist Ramón Oertega Quero, der Klarinettist Sebastian Manz, der Fagottist Marc Trénel und der Hornist David Fernández Alonso spielen das Es-Dur Quintett KV 452 von Mozart und das Quintett op. 16 – ebenfalls in Es-Dur – von Beethoven bei dem Label "Inésens" auf CD ein.
Das Jahr 1784 war eines der erfolgreichsten im Leben von Mozart. In Wien als Pianist vollbeschäftigt, fiel er dennoch in einen wahren Schaffensrausch. In dieser Zeit komponierte er die Klavierkonzerte KV 449, 450, 451, 453, die B-Dur – Violinsonate KV 454 und das Es-Dur-Klavierquintett KV452 für Klavier, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn. Am 1. April wurde es im Burgtheater uraufgeführt und gefiel dem Publikum so sehr, dass Mozart es in der Nähe von Wien, bei einer Akademie von Gottfried Ignaz erneut spielen ließ. Auch ihm selber scheint das Stück sehr ans Herz gewachsen zu sein; in einem Brief vom 10. April desselben Jahres schrieb er an seinen Vater: " (…) ich selbst halte es für das Beste was ich noch in meinem Leben geschrieben habe."
Es lassen sich mehre Verbindungen zwischen dem besagten Mozart-Quintett und dem Quintett op. 16 von Beethoven erkennen. Beide Quintette stehen in Es-Dur und sind die einzigen Werke der beiden Komponisten in dieser Besetzung. Der Gedanke liegt nahe, dass in diesem Zusammenhang Mozart Beethoven als Vorbild gedient hat. Beispielsweise ist bekannt, dass das Autograph des Mozart-Quintetts bis 1800 im Besitz des Cellisten Nikolaus Zmeskall war – einem Freund Beethovens. Außerdem geht man davon aus, dass der Oboist Friedrich Ramm und der Hornist Giovanni Punto – zwei Virtuosen die oft mit Mozart arbeiteten – dem jungen Beethoven bei seinen Bläser-Kompositionen in dieser Zeit halfen.
Die vier Bläser um den international renommierten Pianisten Herbert Schuch haben eines gemeinsam: alle gewannen den ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb in München. Der Oboist Ramón Ortega Quero 2007, Marc Trénel (Fagott) und Sebastian Manz (Klarinette) 2008 und David Fernández Alonso in der Kategorie Horn bereits im Jahr 2000. Im Januar 2011 traf sich das bis jetzt namenlose Quintett zum ersten Mal, seit dem traten die Musiker u.a. im Salzburger Mozarteum und im Robert-Schumann Haus in Düsseldorf auf. Am 14. Oktober werden die vier jungen Männer für ihre Einspielung der beiden Quintette bei Indésens Records den Echo Klassik 2012 für die beste "Kammermusik-Einspielung des Jahres (17./18. Jh.)/Bläser" erhalten.
In beiden Quintetten ist das Klavier das klangliche Zentrum, daher ist es sehr wichtig, dass der Pianist die – ihm vom Notentext vorgegebene – Führungsposition nicht ausnutzt, um sich in den Vordergrund zu drängen. Hier ist klangliches Understatement gefragt, woran es Herbert Schuch nicht mangelt. Durchweg hält er das Ensemble rhythmisch zusammen, ohne seine Kollegen an die Wand zu spielen (was auf Grund der großen klanglichen und dynamischen Unterschiede des Klaviers zu Holz-und Blechblasinstrumenten schnell passieren kann). So entsteht ein bis ins kleinste Detail ausbalancierter Klang, in dem kein Instrument zu kurz kommt. Wunderbar zeigt sich dies beispielsweise im Mozart-Quintett beim dolce-Seitenthema des ersten Satzes (ab Takt 44): das Frage-Antwort-Spiel zwischen Holzbläsern und Klavier – später in der Reprise mit ausgetauschten Themeneinsätzen wiederholt – klingt einfach fantastisch. Oder auch am Ende des Larghettos – wenn alle Instrumente das zweite Thema des Satzes im Kanon vortragen (ab Takt 113). An dieser heiklen Stelle, droht bei der kleinsten Ungenauigkeit, dass das sensible Klanggerüst auseinanderfällt; unter den Händen der fünf Jungen Musiker wird sie – wie der ganze Satz – zu einem wahren Erlebnis.
Ebenso wunderbar interpretiert das Ensemble das Beehtoven-Quintett. Egal ob im Tutti oder bei einzelnen Solo-Passagen, alles ist klanglich ausgewogen- nicht zu viel, nicht zu wenig. So zum Beispiel beim Seitenthema des ersten Satzes, das nacheinander von Oboe, Fagott, Horn und wiederum Oboe vorgetragen wird (ab Takt 52). Herbert Schuch sorgt hierbei für den angemessenen Klang-Teppich und beeindruckt im Anschluss daran mit einem virtuosen aber dennoch gefassten ruhigen Zwischenspiel. Gegen Ende des zweiten Satzes (ab Takt 69), fällt sofort der wunderbar warme Horn-Klang von David Fernández Alonso auf. In einem immer leiser werdenden Klang-Geflecht, an dem sich alle Stimmen ebenwürdig beteiligen, geht der Satz dann zu Ende.
Wenn man von so einer Besetzung hört, denkt man schnell an das Sprichwort: "Zu viele Köche verderben den Brei".Dieser Gedanke ist alles andere als abwegig, gerade in Kammermusik-Besetzungen ist es sehr wichtig, dass neben der Qualität der einzelnen Mitglieder auch die Harmonie untereinander stimmt. Bei diesem Ensemble trifft beides zu. Das Zusammenspiel funktioniert so gut, dass man als Zuhörer den Eindruck hat, die vier Musiker verstehen sich blind und vermutlich eine gute Zeit im Studio hatten – der Zuhörer hat sie beim Genuss dieser CD auf jeden Fall. 
Philip Brückner

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ARD-Musikwettbewerbs-Sieger musizieren mit dem Pianisten Herbert Schuch in München

Am Mittwoch, den 12. Januar um 20.00 Uhr, finden sich mit Sebastian Manz (Klarinette), Ramón Ortega Quero (Oboe), Marc Trénel (Fagott) und David Fernández Alonso (Horn) im Münchner Herkulessaal eine ganze Reihe herausragender junger Bläser zusammen, die Kammermusik von Stamitz, Beethoven und Mozart musizieren werden. Sie alle errangen in den letzten Jahren Erste Preise beim ARD-Musikwettbewerb und spielen in renommierten Orchestern in München, Stuttgart, Paris und Valencia. Nicht weniger erfolgreich war der Pianist Herbert Schuch, der in einem Jahr drei internationale Klavierwettbewerbe,  z.B. den Beethoven-Wettbewerb in Wien, für sich entscheiden konnte und dessen Karriere sich seither stetig weiterentwickelt hat.

Der Abend beginnt mit Carl Stamitz‘ Bläserquartett Es-Dur op. 8 Nr. 2, eine Rarität im Konzertbetrieb. Mit dem Quintett Es-Dur op. 16 von Beethoven folgt ein Werk für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott. Beethoven schrieb es für seine eigenen Wiener Konzerte im Jahr 1796 und verfasste später auch noch eine Fassung für Klavierquartett. Mozarts Quintett Es-Dur KV 452 beschießt das Programm der fünf Musiker.

11

Tecchler Trio

Keine Konzessionen

Das Tecchler Trio und Klarinettist Sebastian Manz mit einem Geburtstagskonzert für Robert Schumann beim Bayerischen Rundfunk in München

(München, 8. Juni 2010) "Auge gegen Auge, da sieht man die Fetzen alle, die die Blößen verbergen sollen", schrieb Robert Schumann über das kammermusikalische Miteinander, das er so liebte, weil er in ihm ein menschliches und ästhetisches Rückzugsgebiet fand. Unersetzliches hat Schumann für verschiedene kammermusikalische Besetzungen komponiert. Anlässlich seines 200. Geburtstags am 8. Juni hat das Tecchler Trio gemeinsam mit dem Klarinettisten Sebastian Manz einiges davon beim Bayerischen Rundfunk in München präsentiert.

Das Konzert der ARD-Preisträger der Jahre 2007 und 2008 war das zweite von insgesamt drei live übertragenen Konzerten, die BR-Klassik in diesem Jahr den Jubilaren Chopin, Schumann und Mahler widmet. Im Vergleich zu Anna Gouraris Chopin-Abend Anfang März war es recht mäßig besucht: Nur etwa die Hälfte des kleinen Studios 2 im Münchner Funkhaus war besetzt. Schumann füllt nicht so leicht die Häuser, auch in seinem Jubiläumsjahr nicht. Während unzählige Pianisten mit Chopin durchreisen und jedes Orchester, das auf sich hält, einen Mahler-Zyklus stemmt, sind die Veranstalter relativ zögerlich, in größerem Maße Schumann aufs Programm zu setzen. Wie beglückend ein Schumann-Abend sein kann, wenn Interpreten sich dieser Musik und deren innerem Glühen ganz verschreiben, hat das Konzert mit dem Tecchler Trio und Sebastian Manz bewiesen. Selten hört man Kammermusik in unterschiedlichen Besetzungen auf so durchweg hohem Niveau.

Konzessionen an das Publikum machten die Musiker dabei ebenso wenig wie Schumann selbst. Im Klaviertrio op. 63 und in der späten Sonate für Violine und Klavier op. 105 lässt Schumann die Hörer kaum zum Atmen kommen, so ungeduldig peitscht er – mit recht wenig thematischem Material auskommend – motivische Entwicklungen voran und setzt auseinanderstrebende Seelenzustände abrupt nebeneinander. Die drei Mitglieder des Tecchler Trios, die Geigerin Esther Hoppe, der Cellist Maximilian Hornung und der Pianist Benjamin Engeli, plausibilisierten Schumanns Musik, indem sie im intuitiven, gleichberechtigten Miteinander den Kraftstrom gemeinsam dosierten und allein demjenigen den Vortritt ließen, dem Schumann Besonderes zu sagen gab.
Auch Maximilian Hornung, der als Solocellist der BR-Symphoniker und künftiger Sony-Exklusivkünstler mit gerade einmal 24 Jahren schon eine staunenswerte Karriere hingelegt hat, fügte sich völlig natürlich und selbstverständlich in dieses Konzept. Die Fünf Stücke im Volkston op. 102, die er gemeinsam mit Pianist Engeli interpretierte, missverstand er weder als simple musikalische Mundartdichtung, noch pfropfte er ihnen unpassende Manieriertheiten auf. Hornungs Ton ist ebenso edel wie klar fokussiert, sein Blick für Form und Struktur von verblüffender Reife. Musikalische Bögen gelingen ihm organisch, sie geben dem Hörer das angenehme Gefühl des "So soll es sein".

In Jörg Widmanns Nachtstück, das den Schumann-Abend mit Modernem würzte, trat noch der schlanke, weiche Klarinettenton von Sebastian Manz hinzu, mit dem dieser auch Schumanns Fantasiestücke op. 73 veredelte. Hornung und Manz zauberten verwischte Klangwirkungen, ließen Töne auseinander erwachsen und befragten ihre Instrumente auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Jörg Widmann zählt den mutigen Neuerer Schumann zu seinen größten musikalischen Vorbildern. Eines sollte sich Widmann, der sich so gerne und ausführlich zu eigenen Werken äußert, vielleicht noch vom großen Musikschriftsteller Schumann abschauen: Wenn Komponisten über Musik schreiben, dann besser nicht über die eigene. Gute Musik erkennt man auch daran, dass sie verstanden wird, ohne erklärt zu werden.
Markus Schäfert

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2008 ARD Tagebuch 1

Auf dem Sprung

Beim Abschlußkonzert des ARD-Musikwettbewerbs 2008 im Münchner Herkulessaal präsentierten sich jede Menge Stars
(München, 19. September 2008) Glanzvoll ging er zu Ende, der 57. Musikwettbewerb der ARD – mit einem Abschlusskonzert vom Feinsten, das die ersten drei Preisträger im Fach Klarinette, Fagott, Streichquartett und dazu den zweiten Preisträger (ein erster wurde nicht vergeben) bei den Bratschen vorstellte. Dominiert wurde das Programm mit einer Ausnahme von Werken des 20. und 21. Jahrhunderts. Aber das war gerade das Aufregende: Bartók, Jolivet, Schdschedrin und das große Bratschen-Konzert von Alfred Schnittke verlangten volle Konzentration und Einfühlungsvermögen von Seiten der Musiker und der Zuhörer, die dafür reich belohnt wurden!
Das vom Bayerischen Fernsehen aufgezeichnete Konzert (Sendung am 3. Oktober, 11 Uhr und auf BR alpha am 19. Oktober, 21.15 Uhr) begann mit einer Schweigeminute für Mauricio Kagel, der auch für den ARD-Wettbewerb zwei Auftragswerke komponiert hatte. Der langsame Satz von Wolfgang Amadeus Mozarts Klarinettenkonzert, den Sebastian Manz danach so überirdisch schön, zart und oft berückend leise auf seiner Bassett-Klarinette spielte, mochte mancher Zuhörer als Trauermusik für den großen Komponisten erleben. Denn soviel Ernst und Tiefe neben enormer Leichtigkeit der Tongebung lässt bereits eine große Reife spüren, die für einen 22Jährigen schon eine kleine Sensation darstellt.
Das folgende Konzert für Fagott, Streichorchester und Klavier von André Jolivet aus dem Jahr 1954 nahm nicht minder gefangen. Denn Marc Trénel, der den erstmalig in der Geschichte des Wettberwerbs vergebenen ersten Preis im Fach Fagott erhielt, spielte das spannende, als Rezitativ beginnende, in sanfte Jazz-Anklänge und ein schönes „Largo cantabile“ mündende und schließlich als eloquentes Fugato endende Stück mit makellos flüssiger Tongebung und exquisitem Ausdruck.
Eine solche Sorgfalt ließen auch die vier Streicher von Apollon Musagète der Uraufführung von Rodion Shchedrins „Lyrischen Szenen“ und Béla Bartóks drittem Streichquartett angedeihen. Shchedrins Stück mit all seinen Wechseln zwischen Lyrik und Dramatik, solistischen Passagen und dichtem Gewebe vermochten die vier Polen in jedem Takt wunderbar zu beleben, dabei immer ganz nah an den dynamischen und artikulatorischen Vorgaben der Musik. Auch Bartóks komplexes und kühn die Grenzen der Tonalität ausreizendes Quartett von 1927 musizierten sie exzellent und stets auf Messers Schneide, vielleicht noch eine Spur zu wenig auf den großen Bogen der drei ineinander übergehenden Sätze bedacht.
Das kurz vor seinem ersten Schlaganfall 1985 vollendete halbstündige Konzert für Viola und Orchester von Alfred Schnittke spielte abschließend Wen Xiao Zheng imponierend, wenn auch nicht ganz so souverän wie etwa Antoine Tamestit, der 1. Preisträger des ARD-Wettbewerbs 2004 auf einer soeben für das Label ambroisie erschienenen CD oder – wenn auch ganz anders, wilder und kämpferischer – Kim Kashkashian 1992 für ECM. Der 27-jährige Chinese fasste das Konzert jedoch wie sie und vom Komponisten durchaus vorgesehen als wilden Wechsel auf von Attacke und verfremdetem Walzer, schmerzvollstem sich-Aufbäumen und süßem Trost in geradezu schmachtvoll komponierten tonalen Passagen, die Zheng mit innigstem Ausdruck spielte.
Dass er in den schnellen, rapiden, lauten Passagen dabei manchmal mit dem Bogen zu viel Druck ausübte, auch oft allzu rauhe, ja brachiale Klänge risikierte, machte jedoch seine Interpretation nicht weniger beeindruckend. Der 28-jährige GMD der Stadt Heidelberg, Cornelius Meister erwies sich mit den BR-Symphonikern auch hier als sensibler Begleiter, der das Orchester immer so sicher steuerte, dass der Bratschenpart kaum je zugedeckt wurde – wie noch während der Finalrunde unter einem anderen Dirigenten am gleichen Ort. Für einen jungen Bratscher, der das erste Mal in seinem Lebem mit großem Orchester spielt, war das so oder so eine überwältigende Erfahrung, nicht minder für das Publikum im bis auf den letzten Stehplatz ausverkauften Herkulessaal.
Klaus Kalchschmid

Jodeln mit der Klarinette

Das zweite Preisträger-Konzert des ARD-Wettbewerbs 2008
(München, 18. September 2007) Auch im Fach Fagott war das Niveau des diesjährigen 57. Musikwettbewerbs der ARD sehr hoch. Vier Preisträger gab es deshalb – wie auch bei den Streichquartetten. Philipp Tutzer konnte sich im zweiten Preisträgerkonzert, das wieder im Prinzregententheater stattfand, mit der wunderbaren kleinen Sonate für Fagott und Klavier von Charles Koechlin präsentieren; der ebenfalls zweitplazierte Christian Kuhnert mit dem Mozart-Konzert: Was für ein kleines Juwel ist doch diese Sonate aus dem Jahr des 1867 geborenen Franzosen aus dem Jahr 1919, vor allem wenn sie so differenziert musiziert wird wie von dem 25-jährigen Südtiroler Tutzer, der seit 2007 im Salzburger Mozarteum-Orchester spielt – ausdrucksvoll, fein ziseliert, weich, geradezu betörend schön im langsamen „Nocturne“.
Dagegen zeigte sich Christian Kunert mit dem Fagott-Konzert des 17-jährigen Mozart nicht ganz von seiner besten Seite, war zwar technisch solide, aber in den Kadenzen allzu brav und leblos, auch im Final-Rondo etwas ohne Esprit und Verve. Die ließ auch Teng Li im großen Bratschen-Konzert des Mozart-Zeitgenossen Franz Anton Hoffmeister ein wenig vermissen, während ihr eine wunderbar expressives Adagio gelang, vom Münchener Kammerorchester (Konzertmeister: Daniel Giglberger) in den Ecksätzen temperamentvoll und stets musikalisch erfüllt begleitet.
Es wird wohl immer ein Rätsel bleiben, warum – trotz manch guter Leistung in den ersten beiden Runden – das Afiara String Quartet noch vor dem Verus String Quartet (Japan) und dem Gémeaux Quartett (Deutschland/Schweiz) plaziert wurde, die beide auch im ersten Preisträger-Konzert wieder sehr überzeugend waren. Beethovens B-Dur-Quartett aus seinem opus 18 hatte das kanadische Quartett, das nach dem spanischen „fiar“ (zu deutsch: Vertrauen) benannt ist, schon in der ersten Runde gespielt. Doch der vor zwei Wochen in der Musikhochschule durchaus beeindruckende, schlanke, geschmeidige Klang erwies sich diesmal als allzu spitz und körperlos, ja im „Adagio affetuoso ed appassionato“ alles andere als leidenschaftlich, sondern geradezu neutral. Wie ein Uhrwerk schnurrte das Finale ab, teilweise auch noch unsauber gespielt.
Welch anderen Eindruck hinterließ da der 24-jährige Japaner Taira Kaneko, der einen dritten Preis im Fach Klarinette erhielt. Er überzeugte auch beim Preisträgerkonzert mit dem Klarinettenquintett op. 34 von Carl Maria von Weber, hier in der Fassung für Streichorchester von Eduard Brunner. Ihm gelang in den beiden schnellen Ecksätzen ein wunderbar witziges, eloquentes Spiel, das am Ende im Allego giocoso gar die Züge eines ausgelassenen Jodelns annahm. Nicht minder überzeugend der große Atem im mittleren, „Fantasia“ überschriebenen Satz. Zarteste Pianissimi und eine großartige musikalische Tiefe waren da zu hören.
Klaus Kalchschmid

Phantastische Dritte

Kammerkonzert der Preisträger des ARD-Wettbewerbs 2008 im Münchner Prinzregententheater
(München, 17. September 2008) Die vier jungen Japaner des Verus String Quartett, das sich erst vor anderthalb Jahren gründete, spielten zu Beginn des ersten Preisträgerkonzerts beim diesjährigen ARD-Musikwettbewerb das c-moll-Quartett aus Beethovens opus 18. Damit überzeugten sie wieder wie schon während der 1. Runde mit einem ebenso homogenen wie plastischen Ensemble-Klang, den sie ihren wunderbar dunkel klingenden Instrumenten entlockten. Lebendige Artikulation, Sinn für Phrasierung und den Charakter des Stücks, das keinen langsamen Satz, sondern sowohl ein Menuett wie ein Scherzo enthält, prägten das Musizieren, das stilistisch so ganz anders ist als das des Gémeaux Quartetts. Es ist benannt nach dem Sternbild Zwilling und seinen vier Hauptsternen und errang wie das Verus String Quartet einen dritten Preis. Die Intensität, Spannkraft und Präzision im Detail, mit der die beiden Damen und zwei Herren am Ende des Konzerts Felix Mendelssohns a-moll-Quartett op. 13 spielten, wurde dieser leidenschaftlichen Auseinandersetzung Mendelssohns mit den späten Quartetten Beethovens, insbesondere op. 132 – komponiert mit 18 Jahren(!) in Beethovens Todesjahr 1827 – in vielfacher Hinsicht gerecht. Nicht zuletzt das variiert wiederkehrende Liedzitat mit der Frage „Ist es wahr?“ (op. 9/1) erinnerte nicht nur an das Beethovensche „Muß es sein?“ aus op. 135, sondern wurde vor allem am Ende von der ersten Geigerin mit großartig „sprechendem“ Charakter gespielt.
Zwischen diesen beiden Eckpfeilern präsentierte Dimitri Murrath, ausgezeichnet für die beste Interpretation des Auftragswerks „Tikvah“ für Bratsche solo, ebendieses Werk. Der Fagottist Václav Vonásek die Sonate G-Dur op. 168 des 85-jährigen Camille Saint-Saëns und die drittplazierte Shelly Ezra aus Israel die erste der späten Klarinetten-Sonaten von Johannes Brahms.
„Tikvah“ hat Atar Arad – auch Juror der diesjährigen Streichquartett-Jury – 2006 in Erinnerung an das Olympia-Attentats von 1972 komponiert und es „allen unschuldigen Opfern sinnloser Gewalt, ungeachtet ihrer Herkunft oder ihres Glaubens“ gewidmet. Darüber hinaus ist es Ausdruck der Hoffnung auf eine bessere Welt, „in der Konflikte in Frieden, Würde und Respekt vor dem menschlichen Leben gelöst werden.“
Das 10-minütige Stück ist zugleich eine Trauermusik, die mit zarten Anklängen an das Finale von Alban Bergs Violinkonzert und seinem Zitat von Bachs „Es ist genug“-Choral endet („meditativo e con malinconia“ zu spielen!), besitzt aber auch gemäß dem Titel, der auf hebräisch „Hoffnung“ bedeutet, einen positiven Grundduktus, paraphasiert Bachs Solo-Suite für Streicher ebenso wie es sehr spielerisch jüdische Musik aufscheinen läßt. Der Belgier musizierte ausdrucksvoll, den Gehalt des Stücks sehr schön „erzählend“, technisch aber diesmal nicht ganz auf der Höhe des anspruchsvollen Stücks.
Václav Vonásek, bereits Mitglied der Tschechischen Philharmonie Prag und Musikwissenschaftler, der seine Doktorarbeit über das Thema „Unbegleitete Solo-Literatur des 20. Jahrhunderts für Fagott“ schreibt, widmete sich der Sonate für Klavier und Fagott von Saint-Saëns, die man nur als Perle des Repertoires bezeichnen kann, auch weil die Literatur ansonsten überschaubar ist. Vonásek machte das Beste aus dem vier Sätze lang mehr oder minder dahinplätschernden Stück, während Shelly Ezra aus Israel der wunderbaren f-moll-Sonate für Klarinette und Klavier von Johannes Brahms zusammen mit Isabella Melkonyan am Flügel ein Höchstmaß an sanfter Expressiviät, Schönheit und Weichheit des Klangs widmete, und damit genau der Charakterisierung als „Fräulein Klarinette“ entsprach, mit der Brahms kurioserweise den Widmungsträger und Interpreten der Uraufführung Richard Mühlfeld wegen seines betörend schönen Spiels bedachte!
Klaus Kalchschmid

Olympiade der klassischen Musik

Am Montag, dem 1. September, begann der weltweit renommierte Internationale Musikwettbewerb der ARD in München zum 57. Mal. Dieses Jahr wird er in den Fächern Bratsche, Klarinette, Streichquartett und Fagott ausgetragen. KlassikInfo begleitet ihn wie im letzten Jahr in einem regelmäßig erscheinenden Tagebuch.
Aktuell: Finale Streichquartett
(13. September, München) Beim Finale Streichquartett im Prinzregententheater gingen Jury- und Publikumsmeinung erstaunlich weit auseinander. Denn die Juroren bezogen bei ihrer abschließenden Bewertung alle drei vorangehenden Durchgänge in ihr Urteil ein. In ihnen hatten die vier Final-Quartette unterschiedlichstes Repertoire von Haydn über Mozart und Brahms bis zur klassischen Moderne und der Uraufführung des zeitgenössischen Pflichtstücks zu bewältigen (wir berichteten).
So reichte es für das Gémeaux Quartett (Deutschland/Schweiz) trotz eines sehr souveränen vierten Bartók-Quartetts und Franz Schuberts „Der Tod und das Mädchen“, das sie im Kopfsatz und in den fantastischen Lied-Variationen unglaublich reif, schmerzvoll schneidend und tief berührend dargeboten hatten, nur zu einem dritten Preis. Auch dem Verus String Quartet wurde ein solcher verliehen. Beide Ensembles erhielten ihn ungewöhnlicherweise nicht geteilt, sondern jeweils in der vollen Höhe von 12.000 Euro, um die Wertschätzung der Jury auch für die letzt Platzierten zu betonen, ein bemerkenswerter, bisher einzigartiger Vorgang beim ARD-Wettbewerb. Die vier Japaner konnten sowohl mit dem beeindruckend gestalteten dritten Bartók-Quartett wie mit einem wunderbar plastischen op. 59/2 von Beethoven für sich einnehmen. Alles passte hier: Zusammenklang und Homogenität, Artikulation, Intonation, Phrasierung, lebendiges, durchsichtiges Musizieren, und das alles kulminierend in einem mutig vorangetriebenem Finale.
Das zweitplazierte Afiara String Quartet bot dagegen beim selben Werk matten Ton, kaum Klangsinn oder gar erfülltes Ensemble-Spiel und wurde zunehmend auch technisch unsicher. Besser präsentierten sie sich beim dritten Bartók-Quartett. Die Jury wusste jedoch die großteils ausgezeichnete Leistung der Kanadier aus den ersten beiden Durchgängen zu würdigen. Da war etwa eine wunderbar vielschichtige „Lyrische Suite“ von Alban Berg zu hören, Beethovens erstes Quartett wurde schlank, spannend und geschmeidig gemeistert. Grimmiger, tiefgründiger Mendelssohn und Schostakowitsch überzeugten ebenso. Ab dem Halbfinale fiel das Quartett jedoch zunehmend gegenüber seinen Mitstreitern ab.
Auch im Falle von Apollon Musagete aus Polen, die stets zu den Favoriten zählten und den ersten Preis gewannen, floss die Beurteilung der übrigen Durchgänge stark in die Wertung ein. Denn so sehr vieles in Beethovens spätem op. 132 phänomenal gut gelang – etwa der Beginn des „Dankgesangs eines Genesenden an die Gottheit“, der ganz ohne Vibrato wie auf einem geheimnisvollen, fremdartigen Instrument gespielt archaisch aus einer anderen Welt herüberwehte, so trübte doch in einigen Passagen unsaubere Intonation vor allem des ersten Geigers das Bild erheblich. Ihre Interpretation des dritten Bartók-Quartetts war freilich die beste und präziseste des Abends, wenn auch immer noch keine vollgültige, wie sie just das vor vier Jahren ebenfalls mit einem ersten Preis ausgezeichnete, heute zur Weltspitze seiner Generation zählende Quatuor Ébène am 10. September 2004 darbot, nachzuhören auf der Doppel-CD des Wettbewerbs aus diesem Jahr. Auch bei Apollon Musagete gaben wohl der grandiose Haydn (Kaiserquartett) und Mozart sowie die beste Interpretation von Leos Janáceks erstem Quartett in den ersten drei Runden den Ausschlag für die Preisentscheidung.

Finale Klarinette
(München, 12. September) Carl Nielsens Klarinettenkonzert aus dem Jahr 1928 ist ein Stück, das man wohl kaum so spielen kann, wie der Komponist es sich vielleicht gewünscht hat: mit einem Soloinstrument, das „warmherzig“ klingt „und gleichzeitig völlig hysterisch, in der einen Minute sanft wie Balsam, im nächsten Augenblick aufheulend wie eine Straßenbahn auf schlecht geölten Schienen“. In 25 Minuten wechselt das einsätzige Konzert zwischen langsamen und schnellen Teilen, Polyphonie und eher simplen Passagen, Sanft- und Grellheit, bürdet Nielsen der Solo-Klarinette mehrere Kadenzen auf und lässt sie an vielen Stellen im Dialog mit einer kleinen Trommel „wie ein Troll“ sich gebären – auch dies eine Assoziation des 1865 geborenen Dänen, der sein Klarinettenkonzert während eines mißglückten Skiurlaubs in Norwegen komponierte.
Im Finale präsentierten sich der Spanier Marcos Pérez Miranda, der Japaner Taira Kanenko und zum krönenden Abschluss der Deutsche Sebastian Manz mit diesem Konzert. An ihrer jeweiligen Auffassung konnte man den Grad des bizarren Humors und den Mut zur Häßlichkeit ablesen, den sie sich, ihrem Instrument und dem Publikum zumuten mochten. Der 27-jährige Miranda war als erster noch etwas unsouverän, stellte sich nicht nur während des Spiels plötzlich den Notenständer hin (obwohl auswendig zu spielen eigentlich bei diesem Konzert gefordert war), sondern nahm den teilweise bissigen Charakter des Nielsen-Konzerts zum Freibrief für allzu ungestümes, wenig elegantes, im fortissimo stets die Grenzen schöner Tongebung überschreitendes Agieren. Der 24jährige Kaneko war technisch außerordentlich präzise, hielt stets die Spannung und wölbte große Bögen. Er übte sich allerdings in vornehmer, sanfter Zurückhaltung, musizierte das Konzert gleichsam gegen den Strich immer klangvoll und weich, ließ sich dabei auch nie zu allzu großer Attacke verleiten. Dafür bekam er einen der beiden dritten Preise zuerkannt.
Den ersten sowie den Publikumspreis errang dann freilich überragend der erst 22-jährige Hannoveraner Sebastian Manz. Er traute sich dreifaches Forte auch als solches zu spielen, hatte den Mut zur Skurrilität (den etwa seine Lehrerin Sabine Meyer auf CD nicht hat!), gebärdete sich in den Kadenzen exzentrisch, farbig und modern. Kurz: Es war aufregend, diese Gratwanderung zwischen noch schönem Ton und prägnanter Charakterisierung zu beobachten. Jetzt erst schienen sich Dirigent Simon Gaudenz, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und der Solist auch gegenseitig zu befruchten und zu animieren.
Streichquartett – Semifinale
(München, 11. September) Es war erneut eine aufregende Schule des Hörens, als die letzten drei von sechs Quartetten im Semifinale Mozart spielten – vollkommen anders und doch stets überzeugend: das Gémeaux Quartett (Deutschland/Schweiz) hatte sich das „Hoffmeister-Quartett“ KV 499 in D-Dur ausgesucht und musizierte es mit sattem „wienerischen espressivo“, dicht, kernig, aber immer mit belebtem, leuchtendem Ton. Die vier jungen Männer von Apollon Musagètes (Polen) machten im „Dissonanzen“-Quartett ihrem göttlichen Namen alle Ehre, verblüfften mit Klarheit und Durchsichtigkeit, Natürlichkeit und zarter Herbheit des Tons, lupenreiner Intonation, Leichtigkeit und Esprit. Dagegen setzte das Verus String Quartet im G-Dur-Quartett KV 387 ganz auf den großen, dunklen breiten Bronze-Ton ihrer herrlich sonor zusammen klingenden, Instrumente. Das konnte man ganz einfach genießen, weil die vier Japaner trotz aller Klangfülle differenziert artikulierten und phrasierten.
Das Verus String Quartet deutete im Prinzregententheater Hugo Wolfs mediterran heitere „Italienische Serenade“ von 1887 am extremsten: manchmal düster und dramatisch wie einen moll-Satz Schuberts. Das war auf seine Art jedoch ebenso schlüssig wie die schwarz-weiße, fast kalligraphische Feinzeichnung von Apollon Musagètes. Bei ihnen klang das Stück skurriler, spitzer, gar moderner als beim Gémeaux Quartett, das tänzerischen Charme, ja Swing und Eulenspiegel-Witz aus den Noten las. Das gelang auch dem Heath Quartett herrlich launig. Leider reichte es für die vier Herren nicht wie bei den drei anderen Quartetten fürs Finale, obwohl das britisch-südafrikanische Quartett die Uraufführung der „Lyrischen Szenen“ von Rodion Shchedrin präziser, klarer in der Struktur und ausdrucksstärker als das Afiara String Quartet gespielt hatte, das als viertes Ensemble ins Finale am Samstag, 13. September einzieht. Dort beginnt es im Prinzregententheater um 16 Uhr mit Beethovens op. 59/2 und Bartóks Nr. 3.
Schdedrins Stück – Pflichtstück für alle wie das von Wolf – spielte eigentlich erst das Gémeaux Quartett als viertes Ensemble am Nachmittag unter Beachtung aller Vortragsanweisungen, gestaltete dabei aber dennoch frei und schlüssig, ließ schon die Seufzer-Melodie des Beginns im rechten Klageton hören und verstand es, harmonische Verläufe prägant herauszuarbeiten. Die heiklen 32tel-Unisono-Passagen spielten die beiden jungen Männer und die beiden Damen (2. Geige + Viola) wie Apollon Musagètes bestechend klar. Im Finale ist das Gémeaux Quartett als letztes um 20.15 Uhr mit Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ und Bartóks viertem Quartett zu hören.
Finale der Bratscher
(München, 10. September) Er hat beides verdient errungen: Publikumspreis und zweiten Preis im Fach Bratsche (da ein erster nicht vergeben wurde). Denn der 27-jährige Chinese Wen Xiao Zheng – Schüler von Hariolf Schlichtig an der Münchner Musikhochschule – spielte zusammen mit dem BR-Symphonieorchester unter Simon Gaudenz im Herkulessaal der Residenz das Viola-Konzert von Alfred Schnittke aus dem Jahr 1985, vollendet kurz vor dem folgenschweren Schlaganfall des Komponisten, im letzten Satz, „der langsamen und traurigen Lebensüberschau an der Todesschwelle“ (Schnittke), mit derart schönem, großem und tragfähigem Ton, einer solchen Leuchtkraft und Emphase, dass er Sergey Malov und die drittplazierte Chinesin Teng Li hinter sich ließ.
Diesem sympathischen Geiger, der sich Natürlichkeit und eine Spur unbekümmerte Wildheit bewahrt hat, gelang es im ersten und zweiten Satz – „beim hastigen Durchs-Leben-Jagen“ – so vehement gegen das Orchester anzuspielen und dann doch immer wieder unverkrampft die Oberhand zu gewinnen, dass ihn diese existentielle Intensität nicht nur zum besten Bratscher, sondern auch zum überzeugendsten Musiker an diesem Abend machte.
Teng Li, im Halbfinale noch dominierend, spielte Béla Bartóks spätes, nach seinem Tod von fremder Hand vollendetes Viola-Konzert durchaus spannend, ausdrucksvoll im langsamen Satz und enorm präzise im schnellen Finale. Sie bot vor allem hier eine noch intensivere und prägnantere Leistung als Sergey Malov, der in der ersten Runde mit Brittens „Lachrymae“ zu einem Favoriten geworden war, jetzt aber die Melodie im „Adagio religioso“ des Bartók-Konzerts zwar fein spinnen konnten, ansonsten aber trotz aller Virtuosität etwas pauschal und im Ton zu blass blieb.
Man hätte beiden Finalisten bei diesem heiklen Stück eine längere Probenzeit mit Orchester und seinem jungen Dirigenten gewünscht, die ein sensibleres Aufeinanderhören möglich gemacht und die BR-Musiker zu mehr als einer soliden Begleitung verführt hätte. Bleibt noch die Finnin Lilli Maijala zu erwähnen, die mit den Volkslied-Bearbeitungen in Paul Hindemiths „Der Schwanendreher“ keinen guten Griff getan hatte. Denn ihr durchgängig etwas sprödes Spiel ließ die Musik wenig farbig und plastisch erscheinen.

Streichquartett 2. Runde
(München, 8./9. September) Mit je einem romantischen und einem zeitgenössischen Werk konnten acht Streichquartette in der zweiten Runde erneut musikalische Ausdruckskraft und technische Versiertheit unter Beweis stellen. Neben Mendelssohn oder Brahms (op. 51/1 und 2) kam eines der beiden Ligeti-Quartette, Schostakowitsch (Nr. 13), Lutoslawski (1964) oder Kurtág (Officium breve) zur Aufführung.
Vieles konnte man zweimal hören, was gerade im Falle der beiden Brahms-Quartette und des Mendelssohnschen op. 13 in a-moll ein Hörerlebnis der ganz besonderen Art bot. Das Afiara-Quartett begann den Reigen am Montag mit Mendelssohn, aber erst das Gémeaux Quartett vermochte den musikalischen Reichtum voll auszuloten: trotz höchster Ausdrucksdichte und sattem Klang konnte man jedes Instrument einzeln verfolgen, strahlte die Aufführung immer wieder großartige Ruhe und dann wieder düstere Dramatik aus, gekrönt von einem grandiosen Schluss.
Ähnliches konnte man beim ersten Quartett von Johannes Brahms tags darauf erleben: Hatte gerade noch Apollon Musagéte aus Polen, das im ersten Durchgang eine beeindruckende Leistung bot, eine dauererregte vulkanische Intensität an den Tag gelegt, als stünde in der Partitur „sempre appassionato“, so erlebte man danach trotz desselben Notentextes ein anderes Stück: Geradezu elektrisierend, aufregend und unmittelbar berührend spielte das Heath Quartet (UK/Südafrika) schon den ersten Satz, weil Leidenschaft hier immer wieder von locker gefügten Teilen unter- und gebrochen war, die Musik sich verdichten und immer wieder entspannen konnte. Die Mittelsätze gerieten zauberhaft flüssig, zärtlich und charmant – ganz wunderbar das Dialogisieren der Instrumente im langsamen Satz – bevor sich im Finale ein großes musikalisches Drama ereignete. Danach tosender Applaus in der wieder bis auf den letzten Platz gefüllten Musikhochschule.
Das Heath Quartet spielte danach auch das zweite Quartett von György Ligeti so fantastisch präzise in seiner komplexen Struktur aus gläsernem Schweben, extrem wuselnden feinsten Verästelungen, harten Martellato-Schlägen am Steg, sanftem Wischen auf den Seiten oder einer Pizzicato-Studie (3. Satz), dass das Weiterkommen dieses Quartetts nie gefährdet war.
Schade, dass das Verus Quartet – ebenfalls im ersten Durchgang herausragend – nur mit dem b-moll-Quartett von Schostakowitsch punkten konnte, bei Brahms (op. 51/2) aber auf gemessene Tempi und allzu elegischen Grundcharakter setzte, den letzten Satz gar hart, wenig akzentuiert, undurchsichtig und im Piano gerade diffus spielte. Für den Einzug ins Halbfinale reichte es dennoch. Und wenn Mozart und die Uraufführung des Auftragswerks („Lyrische Szenen“ von Rodion Schtschedrin) am Donnerstag, 11. September (11 und 17 Uhr) auf dem Programm stehen, könnten die Karten im Prinzregententheater vielleicht wieder ganz neu gemischt werden.
Dann spielen: Afiara String Quartet (Kanada), Gémeaux Quartett (Deutschland/Schweiz), Amaryllis Quartett (Deutschland/Schweiz), Apollon Musagetes (Polen), Heath Quartet (UK/Südafrika) und Verus Quartet (Japan).
Die Bratschen im Halbfinale
(München, 9. September) Es war die Feuertaufe für zwei Kandidaten beim Semifinale im Fach Bratsche des ARD-Musikwettbewerbs: Bei der Uraufführung des Auftragswerks von Atar Arad im Prinzregententheater war unüberhörbar, wie intensiv sich der Russe Sergey Malov und die Chinesin Teng Li mit dem anspruchsvollen „Tikvah“ des 1945 in Tel Aviv geborenen Bratschers, Professors an der weltweit geschätzten School of Music der Indiana University in Bloomington und Komponisten auseinandergesetzt hatten.
Sie spielten das Stück außerordentlich präzise, machten die komplizierten Doppelgriffe als auskomponierte Harmonisierung einer Melodie erlebbar oder Triller und 32tel-Ton-Vibrationen als diffizile Farbwerte. Auch Struktur und Spannungsverläufe des auf deutsch „Hoffnung“ genannten 12-minütigen Werks für Viola solo, das den israelischen Opfern des Münchner Olympia-Attentats von 1972 – und allen  Leidtragenden von Krieg und Gewalt – gewidmet ist, machten sie packend nachvollziehbar. Anklänge an Klezmer-Musik, Bachsche Geigen-Suiten oder das zarte Zitat des Finales von Alban Bergs Violinkonzert kamen plastisch zum Erklingen, bei Li vielleicht sogar noch eine Spur inniger im stets dominierenden Klageton.
Die 26-jährige spielte aber auch das Viola-Konzert D-Dur von Franz Anton Hoffmeister (1754-1812) glanzvoll, begann schon mit dem wunderbar wach begleitenden Münchener Kammerorchester lebendiger und forscher als Lilli Maijala und Dimitri Murrath, ja sogar noch souveräner als der 26-jährige Wen Xiao Zheng, der gleich zu Beginn die Messlatte hoch gehängt und auch als erster „Tikvah“ vielversprechend präsentiert hatte.
Wie die Chinesin dann aber im Adagio ihr wunderbar sonores Instrument berührend schön und ausdrucksvoll zum Klingen brachte und das Final-Rondo gleichermaßen temperamentvoll wie mit lyrischer Emphase zu durchglühen verstand, ließ sie an diesem Nachmittag über alle triumphieren.
Für das Finale am 10. September im Herkulessaal der Residenz qualifiziert haben sich Sergey Malov, Teng Li, Lilli Maijala und Wen Xiao Zheng.

Auftritt der Streichquartette: 11 Ensembles in Runde 1
(München 5. – 7. September) Bis auf den letzten Platz gefüllt war zuletzt der Große Konzertsaal der Hochschule für Musik in der Arcisstraße. Sogar der sonst nur den Juroren vorbehaltene Rang musste geöffnet werden. Und wohl kaum jemand ging enttäuscht nach Hause, denn das Niveau war fast durchweg hoch und die elf Quartette, die jeweils eine Stunde spielten, boten ein kleines Kammermusik-Festival mit Perlen des Repertoires: Nr. 1, 4 und 6 aus Beethovens opus 18, fünf verschiedene Haydn-Quarette und als modernes Pflichtstück Schönbergs Drittes oder Viertes, Bergs Lyrische Suite, Strawinsky oder – und das war wohl für viele eine große Überraschung: Erwin Schulhoffs Streichquartett aus dem Jahr 1924.

Am Freitag spielten die vier Damen von „EnAccord“ nach Joseph Haydns op. 33/1 dieses viersätzige Werk, das enorm rhythmisch pointiert, oft in Ostinati vorwärts stürmt und manchmal sogar jazzig angehaucht ist, am Ende aber mit einem großartigen Notturno verblüfft. Dieses Finale beginnt ganz schlicht, wird aber dann von kühner Harmonik, weitausgreifender Melodik und berückenden instrumentalen Effekten dominiert. Der anschließend aufbrausende Applaus galt neben der exzellenten, minutiös den Notentext befolgenden Interpretation sicher auch Werk und Komponist.
Tags darauf beschlossen die vier Herren von „Apollon Musagetes“ aus Polen ihr Programm nach einem wunderbar homogen, schlank, aber leuchtkräftig gespielten Kaiser-Quartett (eingeschlossen die fein abgetönten Variationen über die Melodie der späteren Deutschland-Hymne) mit Leos Janáceks erstem Streichquartett in einer berauschend guten Wiedergabe. Noch dreimal war dieses Stück zu hören, aber nur die vier jungen Männer des japanischen „Verus String Quartet“ konnten mit ihren polnischen Kollegen mithalten, sie vielleicht sogar noch übertreffen. Die besondere Eigenart von Janáceks Musik, seine Komposition mit kleinen prägnanten, der tschechischen Sprache abgelauschten Motiv-Floskeln zu versehen, den Gegensatz von emphatischen Melodien und harsch dazwischenfahrenden, ganz rau am Steg der Instrumente zu artikulierenden, fast geräuschhaften 32teln spielten die vier Polen mit höchster Präzision und vielen Valeurs des Ausdrucks. Die vier Japaner hatten allerdings wohl die noch besseren, sonorer und dabei herrlich zusammen klingenden Instrumente. Und so erlebte man nicht erst am Ende eine unmittelbar packende, vorwärtsgetriebene, schillernde Interpretation, die über das eine reine Musikmachen weit hinausging.
Auch Ludwig van Beethovens viertes Quartett aus seinem opus 18 spielten die Japaner enorm kraftvoll, in perfekter Intonation und Artikulation, mit plastischer Tongebung und als würden sie zu viert auf einem einzigen Atem singen. Das war umso beglückender, weil die beiden anderen Ensembles, die Beethoven spielten, damit durchaus ihre Probleme hatten, während Haydn, den die meisten Ensembles  als „klassisches“ Pflichtstück wählen, oft viel besser gelang. Genannt sei nur das „Heath Quartet“, das einen traumhaft schönen langsamen Satz im opus 76/5 spielten oder das „Gémeaux Quartett“ (Deutschland/Schweiz), das sich den ersten beiden Sätzen des opus 50/2 mit weicher Eleganz widmete und dann – frecher und fast zornig – Scherzo und Finale in ihrem Charakter exzellent trafen.
 

Runde 1: Auftritt der Bratschen (2.Teil)

(München 3./4. September) Die Jury ist wahrlich nicht zu beneiden: immer wieder muss sie eine der drei Suiten Max Regers aus op. 131d hören – meist die erste in g-moll – und oft schon nach wenigen Takten erkennen, dass da jemand kaum das Zeug hat, in die zweite Runde zu kommen. Von den ersten acht Kandidaten des vierten und letzten Tages der ersten Runde konnte nur die allererste – die Deutsche Barbara Buntrock -, die Jury überzeugen. Und auch danach waren es vor allem zwei Kandidaten – der Amerikaner David Kim und Ida Bryhn aus Norwegen -, die Vielversprechendes hören ließen und verdientermaßen weitergekommen sind:

Ida Bryhn hatte sich als Wahlstück etwas Besonderes und Schweres ausgesucht: Krzysztof Pendereckis „Cadenza für Viola solo“. Den Ausschlag für die Juroren, die Norwegerin weiter zu befördert, gab dann aber wohl wieder: die Reger-Suite. Bryhn gestaltete überlegen und weitblickend, bewältigte das molto vivace in verwegenem Tempo.

Weiter werden wir uns für die nächste Runde merken müssen: Alexander Akimov aus Russland, Benedict Schneider aus Deutschland.

Überraschungen gab es immer wieder auf der Seite des Wettbewerbs-Repertoires. Dimitri Murrath aus Belgien präsentierte Toru Takemitsus „A Bird came down the Walk“ für Viola und Klavier: ein herrlich ätherisches Stück, teils ganz am Steg zu spielen, geradezu eine Piano-Studie, die nur wenige expressive Passagen kennt. Murrath zeigte darin, wozu die Viola alles fähig ist. Allein das weithin unterschätzte Instrument einmal in allen Facetten zum Blühen zu bringen ist ein großer Verdienst dieses Wettbewerbs.

Heute, Freitag,  5. September beginnen in der Münchner Musikhochschule vier Quartette den ersten Durchgang in ihrem Fach. Wir werden berichten.

Runde 1: Auftritt der Bratschen

(München, 2. September) Die Hälfte der Bratscher haben den ersten, vielleicht schwersten Durchgang, der noch zwei Tage dauert, hinter sich, konnten die Nervenprobe und die ihrer musikalischen Fähigkeiten bestehen oder auch nicht. Neun von 25 nahmen die erste Hürde und es war schon erstaunlich, wie verschieden die großteils exzellenten Instrumente klangen, wie charakteristisch anders auf ihnen gespielt wurde. Ganz unterschiedlich gaben sich immer wieder die besonders beliebte g-moll-Suite von Max Reger aus seinem op. 131d oder das ebenso dankbare wie alle Stärken und Schwächen der Spieler offenbarende Capriccio c-moll op. posth. von Henri Vieuxtemps. Vor allem dieses Stück ist eine kleine Perle, die nur leuchtet, wenn man sie ins rechte Licht rückt, lupenrein intoniert und phrasiert, im Klang präzise abtönt, kurz: jeden Moment ohne Nachdruck hochmusikalisch gestaltet.

Warmer, weicher, schöner Ton bei Robert Schumanns Adagio und Allegro op. 70 reichte im Falle des Italieners Daniel Palmizio leider nicht für die zweite Runde, auch dem oft melancholisch verschatteten, klaren, intonatorisch exzellenten Spiel des Belgiers Sander Geerts fehlte das entscheidende Quantum musikalischer Autorität. Die Chinesin Meng Xu gerierte sich dagegen mit sattem, vollem Ton und großem Vibrato bei Regers g-moll-Suite allzu selbstgefällig, verkitschte das feine Vieuxtemps-Capriccio und setzte bei Niccolò Paganinis op. 1/13 allzu sehr auf Virtuosität, Seufzer und angeschleifte Töne. Jing Yang, ebenfalls aus China, offenbarte dagegen schon bei Reger eine bestechende Paarung aus Schlichtheit und Ausdruckskraft. Die berühmte 24. Caprice von Paganini meisterte sie unterschiedlich gut, spielte Vieuxtemps jedoch so spannungsvoll, dicht und ausgeglichen, dass ihr ein Weiterkommen sicher war. Dem Koreaner Seungwon Lee fehlte hier Reife und der große Bogen, bei Reger blieb er allzu gleichförmig und brav und konnte auch mit Hindemiths op. 25/1 nicht immer überzeugen.

Der Deutsche Jan Grüning spielte als einer von Wenigen die D-Dur-Suite Regers, begann mit elastischem, dunklen Ton, der oft aber nicht allzu focussiert war. Vieuxtemps klang bei ihm anfangs geradezu zärtlich und feminin, steigerte sich dann in Dynamik und Ausdruck. Auch den „Grand Tango“ von Astor Piazzolla nahm Grüning zunächst allzu vorsichtig und legte dann in Temperament und Verve zu. Für die zweite Runde reichte es trotzdem nicht. Der Japaner Ryo Oshima machte es sich mit seinem Programm wahrlich nicht leicht, verzichtete auf Vieuxtemps, spielte zu Beginn allerdings Regers g-moll-Suite sehr männlich und trotzdem subtil abgetönt, auch in Agogik und Dynamik. Dann wieder klang das Forte fast etwas ungeschlacht. Die virtuose, figurative Caprice Nr. 17 von Bartolommeo Campagnoli (1751 – 1827) gelang ihm gut, aber am ausgedehten, schweren, teils atonalen, teils sprerrigen Brocken von Hindemiths op. 11/5 biss er sich doch die Zähne aus.

Gegen Ende des zweiten Tags konnten dann aber zwei Bratscher, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, gleichermaßen überzeugen und in die zweite Runde einziehen: Der Chinese Wen Xiao Zheng und der Russe Sergey Malov. Hier ein sympathisch selbstbewußter, ganz natürlicher Musiker, der sich eine Spur Wildheit bewahrt hat, Vieuxtemps als vorwärtsdrängenden, dramatischen Prolog auffasste, die Triller perfekt modulierte und dabei ganz nahe am Notentext blieb! Er wagte Max Regers e-moll-Suite aus op. 131d und spielte sie mit einer unwiderstehlichen Mischung aus freiem Fabulieren und Präzision, konnte wunderbar tänzerisch agieren und exzellent im großen Bogen Melodien formen, Doppelgriffe und Arpeggien perfekt ausgeglichen setzen und insgesamt ganz sonor spielen. Rebecca Clarkes in Debussy- und Ravel-Nachfolge 1919 komponierte Sonate für Viola und Klavier bewältigte er mit viel Sinn für die vielfältigen Farben, aber auch die große Geste und den spätromantischen Duktus.

Sergey Malov dagegen verblüffte schon in Regers g-moll-Suite mit ebenso stringentem wie seidig feinem Ton, großartigem Legato, konnte ganz klar artikulieren, war dabei stets formbewusst und ausdrucksvoll. Besser – und im letzten Satz behänder – kann man das nicht spielen! Vergessen war schnell, dass er Vieuxtemps etwas leichtgewichtig anging, da er zunehmend dichter gestaltete und mit Benjamin Brittens „Lachrymae. Reflections on a song of John  Dowland“ ein absolutes Meisterstück ablieferte. So fein und duftig schwebend, so gläsern im Flageolett, so flirrend „nervös“ muss man erst einmal spielen können. Dabei stand Malov auch ein schöner, tragfähiger Ton zur Verfügung. Und wie er am Ende das originale Dowland-Lied „sang“, war schlichtweg große Klasse!

Klaus Kalchschmid
Darüber hinaus berichten wir von den Halbfinali und Finali in den übrigen Fächern sowie über die drei, von B4 Klassik live übertragenen Preisträgerkonzerten am 17., 18. und 19. September. Informationen über Zeitpläne, Austragungsorte, Ergebnisse der einzelnen Durchgänge und andere Infos: www.ard-musikwettbewerb.de